Haben die Parteien ein Konzept gegen mutwilligen Verkehrslärm bei Motorrädern und Autos?  Die VAGM e.V. Vereinigte Arbeitsgemeinschaften gegen Motorradlärm und der Arbeitskreis Motorradlärm im BUND haben nachgefragt – und interessante Antworten erhalten. Die Regierungsparteien CDU/CSU sind verantwortlich für die aktuelle Situation und die eklatante Rechtsbeugung in Sachen Lärm. Und wollen nur das Beste. Die Grünen (in Baden-Württemberg an der Regierung) zeigen Verständnis – und erreichen wenig. Und Christian Lindner von der FDP will sich nicht zu Sachen äußern, von denen er nichts versteht.

Das Anschreiben

Sehr geehrte(r) Herr/Frau …,



wie Sie sicherlich aktuellen Medienberichten entnommen haben, gibt es ein ernstes Problem mit vorrangig privat in der Freizeit betriebenen Kraftfahrzeugen mit besonders starken Geräuschemissionen, beispielsweise durch sogenannte Klappenauspuffanlagen. Da werden Milliarden für Schallschutzmaßnahmen im Straßen- und Wohnungsbau ausgegeben, gleichzeitig jedoch werden Fahrzeuge und Ausrüstungen verkauft, um deren Geräusemmision vorsätzlich zu erhöhen.



54 % der Menschen fühlen sich laut Umweltbundesamt durch Verkehrslärm zum Teil erheblich belästigt. Viele Menschen investieren privat in Schallschutzfenster und wenden weitere hohe Beträge auf, um zumindest in den eigenen vier Wänden etwas Lebensqualität zu erhalten. Das Problem betrifft Innenstädte gleichermaßen wie das Land.

Kinder reagieren zum Teil panisch auf einen Lärmpegel jenseits der 100dB, welcher von diesen Fahrzeugen zum Teil mühelos überschritten wird. 
In Industrie- und Handwerksbetrieben ist bei solchen Lärmpegeln das Tragen eines Gehörschutzes vorgeschrieben, „in freier Natur“ aber wird von der Bevölkerung erwartet, hierbei schlafen zu können.


Es besteht heutzutage keinerlei technische Notwendigkeit mehr für diese Lärmbelästigung. Fahrzeuge könnten heute so gebaut werden, dass sie fast so leise wie ein Elektroauto sind. Dieses fordert eigentlich auch §49  StVZO „Kraftfahrzeuge … müssen so beschaffen sein, dass die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt.“ Der zusätzliche, unnötige Lärm dient lediglich dem Amüsement einer gesellschaftlichen Minderheit und der Industrien, die diesen Markt bedienen. Darunter leiden müssen mindestens 13 Millionen Anwohner von Straßen in Deutschland, sowie alle Fußgänger und Radfahrer, die täglich diesem unsinnigen Lärm ausgesetzt werden.

Konkret stellen wir uns an dieser Stelle folgende Fragen:



1. Wie stehen Sie zu dieser Problematik?

2. Welche Maßnahmen planen Sie gegen den vermeidbaren Verkehrslärm im Falle einer (Wieder)wahl?



Mit freundlichen Grüßen

Briefe an:

Antwort Grüne (Katrin Göring-Eckardt / Cem Özdemir)
Antwort FDP (Christian Lindner)
Antwort CSU (Horst Seehofer)
Antwort CDU (Angela Merkel)
Antwort SPD (Martin Schulz)
Antwort Die Linke (Sahra Wagenknecht)
Antwort AFD (Alexander Gauland)


 

Antwort Grüne, Katrin Göring-Eckardt / Cem Özdemir
Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Mail. 



Sie haben absolut Recht: Lärm macht zweifellos krank beeinträchtigt die Lebensqualität von Menschen erheblich. Die Eindämmung von Lärm ist für uns deshalb ein wichtiges Thema und wir setzen uns seit Jahren für einen wirkungsvollen Lärmschutz ein. 

Die Bundesregierung lässt – gerade auch beim Verkehrslärm – die Betroffenen allein. Dabei hat die Belastung der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren kaum abgenommen. 
Es ist nicht mehr vermittelbar, dass ein Rechtsanspruch auf Lärmvorsorge nur für den Aus- und Neubau von Straßen und Schienenwegen gilt. Für den Bestand fehlt der Rechtsanspruch, Lärmsanierung findet hier nur nach Kassenlage statt. Das muss sich ändern. 

Auch beim Luftverkehr ist der Lärmschutz völlig unzureichend. Dabei weisen die Ergebnisse der großen Lärmwirkungsstudie NORAH dringenden politischen Handlungsbedarf nach. Die Studie zeigt: bei allen Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht sich das Risiko einer Erkrankung bei nächtlichem Fluglärm. Wir brauchen Lärmobergrenzen und ein Lärmminderungsgebot für Flug – und Bahnlärm. Im Luftverkehrsrecht muss, wie bei den anderen Verkehrsmitteln, ein Vorrang von aktivem Schallschutz vor passivem Schallschutz verankert werden. 
Außerdem wollen wir ein umfassendes Netz unabhängiger Lärmmessstellen. 

Informationen zu unserer parlamentarischen Arbeit zum Thema Lärm  finden Sie unter diesem Link:

Ich hoffe, ich konnte Ihnen unsere Position deutlich machen.

Ihnen alles Gute und noch einen schönen Tag!
Mit besten Grüßen
Achim Wolters

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 
Bundesgeschäftsstelle 
Referat Öffentlichkeitsarbeit


 

Antwort FDP, Christian Lindner

Sehr geehrte Damen und Herren,
danke für Ihre Nachfrage.

Die FDP ist gegenwärtig im Deutschen Bundestag nicht vertreten. Deshalb haben wir nicht auf jede fachliche Frage eine präzise Position. Ich bitte um Verständnis, dass ich die Antwort zurückstellen muss, bis die Experten einer möglichen neuen Fraktion der FDP sich ein fachliches Urteil gebildet haben.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner

Christian Lindner MdL
Bundesvorsitzender der FDP
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Antwort CSU, Horst Seehofer

Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Email an die CSU.
Straßenverkehrslärm ist ein ernstzunehmendes Problem. Es ist uns daher ein wichtiges Anliegen, den Lärmschutz konsequent voranzutreiben. Seit 2013 wurde hier eine Rekordsumme investiert. Neben Lärmschutzwänden wurden weitere Maßnahmen wie das Verlegen von geräuscharmem Asphalt vorangetrieben. Auch beim Schienenverkehr wurde diesbezüglich einiges getan. Diese Maßnahmen wollen wir weiterhin fördern.
Die Politik gibt auch Grenzwerte für Geräuschemissionen vor. Das gilt auch für konkrete Vorgaben für konkrete Verkehrsmittel und Verkehrssituationen, auch durch Geschwindigkeitsbegrenzungen.
So gibt es mit der EU-Umgebungslärmrichtlinie – die im deutschen Bundesimmissionsschutzgesetz verankert wurde – erstmals einen gemeinsamen europäischen Ansatz zur Minderung der Lärmbelastung der Bevölkerung.
Dabei werden nach vergleichbaren Verfahren Lärmschwerpunkte durch eine umfassende, strategische Lärmkartierung ermittelt. Auf Grundlage der Lärmkarten werden unter aktiver Mitwirkung der Öffentlichkeit Lärmaktionspläne aufgestellt. Dabei kommt es im Ergebnis immer auch auf die konkrete Verkehrs- bzw. Lärmsituation vor Ort an und nicht so sehr auf ein einzelnes Fahrzeug.
Leider wird es aber darüber hinaus aber auch in Zukunft so sein, dass sich manche Menschen schlichtweg rücksichtslos im Straßenverkehr bewegen – wie etwa zulasten der von Ihnen geschilderten Mutter mit Kinderwagen. In solchen Fällen – zumal wenn in einem Ort geschehend, der, wie Sie schreiben, an sich vom Straßenverkehr wenig berührt ist – gilt mitunter: Politik kann – und darf – eben auch nicht alles regeln. Hier muss man auch die Verantwortlichkeit jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers appellieren.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lemke
Referent für Wirtschaft, Finanzen und Verkehr
CHRISTLICH-SOZIALE UNION
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Antwort CDU (Angela Merkel)
Sehr geehrte Damen und Herren,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben an die CDU Deutschlands. Entschuldigen Sie bitte die späte Rückmeldung. Aufgrund der Vielzahl von Anfragen konnten wir Ihnen leider nicht früher antworten.
Wir sehen das Problem des Verkehrslärms und haben auch die Lärmvorsorge und den Lärmschutz in unser Regierungsprogramm aufgenommen.
Grundsätzlich bleibt unser Grundsatz: Mehr Mobilität bei weniger Lärm!
„Unser Ziel beim Ausbau der Infrastruktur ist und bleibt: Wir haben seit 2013 eine Rekordsumme in Lärmvorsorge und ‑schutz investiert. Das setzen wir fort. Beim Lärmschutz auf Bundesstraßen und Autobahnen haben wir durch die Errichtung von Lärmschutzwänden und den Einsatz von Flüster-Asphalt große Fortschritte gemacht. Wir nehmen nun auch verstärkt den Schienenverkehr ins Visier. Ab 2020 wird durch das Verbot lauter Güterwagen auf dem deutschen Schienennetz der Schienenlärm halbiert. Wir wollen die gesamte Bandbreite der zur Verfügung stehenden Maßnahmen nutzen, durch moderne Technik, durch aktiven und passiven Lärmschutz.“
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und wünsche Ihnen noch alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Christian Martin
CRM-Team
Bürgerservice der CDU-Bundesgeschäftsstelle
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Antwort SPD (Martin Schulz)

-bisher keine-
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Antwort Die Linke (Sahra Wagenknecht)

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
herzlichen Dank für Ihren Einsatz gegen Straßenlärm! Von Lärm fühlen sich Millionen Menschen in Deutschland gestört und er ist eine eindeutig nachweisbare Gesundheitsgefährdung.
Leider wird das Problem des Lärms von Pkw und Motorädern von der Bundesregierung und den ihr unterstellten Behörden (KBA) nicht ernst genug genommen. Und dass „Autoposer“ nur um sich geil zu fühlen tausende Menschen vorsätzlich mit Lärm belasten und sich dann auch noch auf die Typenzulassung berufen können, ist ein Skandal. Denn eigentlich ist die Straßenverkehrszulassungsordnung recht eindeutig: Sie schreibt vor, dass die Fahrzeuge so beschaffen sein müssen, „dass die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt“´ (§ 49 (1) StVzO).
Wir haben uns des Themas noch mal nach der Plusminus-Sendung am 9.8.2017 angenommen:
– Pressemitteilung von Sabine Leidig am 10.8.: http://www.nachhaltig-links.de/index.php/strasse-individualverkehr/autoindustrie/1839-laermtrickserei
– Zwei schriftliche Fragen dazu an die Bundesregierung: Die völlig unzureichende Antworten aus dem Verkehrsministerium finden Sie im Anhang.
 
Wir werden uns in der nächsten Legislatur weiter dafür einsetzen, dass bei der Typenzulassung vernünftige und der Praxis auf der Straße entsprechende Messverfahren sowie weiter sinkende Grenzwerte zur Anwendung kommen und Manipulationen aller Art, die dem Ziel von § 49 (1) StVzO widersprechen von der Polizei kontrolliert und sanktioniert werden können. Auch jegliche Maßnahmen von Herstellern und Werkstätten, die das Ziel haben, die Fahrzeuge lauter als nach dem Stand der Technik möglich zu machen, müssen verboten und sanktioniert werden.
 
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Leidig
(verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag)

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Antwort AFD (Alexander Gauland)

– bisher keine –

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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