Lärm im Vorgarten: ARD-Plusminus filmt an einer Raserstrecke in Sulzbach an der Murr.

Eine Film-Beitrag des Magazins „Plusminus“ zum Auspufflärm-Skandal hat für ein breites Medienecho gesorgt. Seit 2005 klagt der Arbeitskreis Motorradlärm im BUND die Manipulationen von Fahrern, Motorrad- und Zubehörindustrie an. Erst nach dem Dieselskandal werden die Medien hellhörig. Denn das Muster des Vorgehens ist das selbe: Auf dem Papier immer leiser, in der Praxis unnötige, pure Belästigung – und immer lauter. Und was im kleinen Markt „Motorrad“ vorbereitet wurde, findet mehr und mehr Eingang in den Massenmarkt Automobil.

Audi hat den Krachschalter – wie so viele

Ausgelöst hat die Berichterstattung unter anderem ein einfaches E-Mail an die Audi-Pressestelle: Im Frühjahr hatten wir dort nachgefragt, ob die manuelle Umschaltung des Audi TT RS auf „Krach“ durch die Allgemeine Betriebserlaubnis gedeckt sei. „Alles legal“  – war damals von Audi zu erfahren.  Diese Antwort scheint derzeit einer Überprüfung durch behördliche Stellen nicht Stand zu halten. Damit stehen plötzlich alle Klappen-Auspuffanlagen auf dem Prüfstand. Bei Autos und auch bei Motorrädern. Und das Beste: Offensichtlich wurden die Fahrzeuge mit diesen Anlagen nie behördlich vorgeführt. Das Vertrauen der Behörden gegenüber den Herstellern scheint beim Abgas so hoch zu sein wie beim Lärm – grenzenlos.

Polizei: endlich Tacheles durch Spezialisten

Auch Deutschlands lärmaktivster Verkehrspolizist, Polizeidirektor Dieter Schäfer aus Mannheim, hat sich des Themas der serienmäßigen Manipulationen angenommen, nachdem sein „Mannheimer Modell“ mittlerweile zum Standardrepertoire gegen Auspuffposer in deutschen Großstädten gehört.  Im Plusminus-Interview erklärt Schäfer hier das Problem. Erfrischendes Tacheles von einem Polizei-Spezialisten – nachdem Betroffene jahrzehntelang von den Behörden mit einem „da kann man nichts machen“ abgespeist wurden.

Ein landesweites Problem

Die Reaktionen auf die Berichterstattung zeigen: Wir haben es mit einem landesweiten Problem zu tun, das viele Menschen beschäftigt. Und – liebe Motorradfahrer, liebe Auto-Poser – es wird Zeit Euch Gedanken zu machen, wie Ihr zur Lösung des Problems beitragen könnt. Auch wenn heutzutage die technischen Voraussetzungen für lärmarmes Fahren schlechter sind denn je: Ihr seid das Problem, Ihr habt es in der Hand, am Gas zu drehen.  Und: Es sind nicht nur ein paar verrückte Umweltaktivisten, die Eure Belästigung satt haben. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Zum Plusminus-Film geht es hier, zu einem Interview mit dem Sprecher des Arbeitskreises Motorradlärm im BUND, Holger Siegel, geht es hier.

 

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9 Responses

  1. Sehr gut, dass der Chef der Mannheimer Verkehrspolizei Dieter Schäfer beim Kraftfahrbundesamt gegen serienmäßig getunte Fahrzeuge und somit gegen absolut unnötigen Verkehrslärm kämpft. Dafür gebührt im der Dank vieler lärmgeplagter Anwohner und die Hoffnung, dass er mit seinem Ansinnen Erfolg hat!
    Zu fragen ist allerdings, warum diese undankbare Arbeit die Polizei machen muss. Wo sind die entsprechenden Gesetze und Möglichkeiten der Bestrafung der „Macho-Klientel“; was macht das Verkehrsministerium, was macht das Kraftfahrbundesamt? Es gibt nur absolut unrealistische und industriefreundliche Messmethoden. Die Gesundheit der Anwohner scheint keinerlei Rolle zu spielen.

    Die Situation ist ähnlich wie beim Thema Stickoxide, Verbrauchswerten etc. Die laschen Gesetze sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, auch weil sich niemand um die Einhaltung kümmert. Im Falle des Tunens ist es doch ein absolutes Unding, dass die Autos im Testbetrieb bei 50 km/h gemessen werden, aber im Realbetrieb unglaublich laut sein dürfen und „zum Spaß“ noch Einstellungen zur „Klangverbesserung“ haben.

    Das gleiche gilt für lärmende Motorräder: lasche Gesetze, kaum Möglichkeiten der Ahndung, lächerlich geringe Strafen, hilflose Polizei; Narrenfreiheit für Poser. Vor allem die Anwohner der in die Mittelgebierge (Schwarzwald, Pfälzer Wald, Odenwald, etc.) führenden Straßen können bei schönem Wetter ein Lied davon singen. Andererseits müssen die Gemeinden für viel Geld sog. Lärmaktionspläne aufstellen; dies ist verpflichtend von der EU vorgegeben, um die Anwohner vor Lärm zu schützen. Das ist doch völlig paradox.

    Versagt hat hier bisher auf ganzer Linie der Gesetzgeber. Was macht unser sogenannter Verkehrsminster bei diesem Thema: er mauschelt mit der Industrie wie bei anderen Themen auch, dass es eine Schande ist.

    • Ja, paradox: Die einen kaufen Lärmschutzfenster, die andern kühlen sich ihr Mütchen mit lauten Auspuffen. Die einen haben ihren Spass, die anderen den Herzinfakt. Das ist deutsche Idiotie und Kreislaufwirtschaft.

  2. Diesel oder Lärm? Der Unterschied ist, dass letztres vom Kunden gewollt ist und erstres der Industrie 100 € mehr Profit bringt. Betrug und Vergiftung ist beides!

    • Das ist so exakt richtig. Das problem ist, dass mit Diesel-Manipulationen die Industrie Geld und Innovationen spart. An Lärm-Manipulationen verdient sie richtig Geld. Keiner kauft ja ein Auto uns sagt: Hoffentlich ist das eine Dreckschleuder. Beim Motorrad ist das anders – da wollen alle Sound. Möglichst lau aber so, dass einem keiner am Zeug flicken kann…

  3. Lärm ist das Umweltgift Nummer 1. Die Hersteller halten sich nicht an den Das Gesetz das Fahrzeuge nur maximal so laut sein dürfen wie technisch möglich. Das ist Betrug. Viele Menschen und Kinder werden durch den Lärm geschädigt. Die Hersteller sollten auf Schadensersatz verklagt werden. Das was hier betrieben wird ist vom Hersteller bewusste Körperverletzung.

  4. „Es sind nicht nur ein paar verrückte Umweltaktivisten, die Eure Belästigung satt haben.“
    Die „Verrückten“ waren immerhin die ersten, die auf das Problem hingewiesen haben, als es noch nicht so eskaliert war. Nur ja nicht zu den „Ökospinnern“ gehören zu wollen, war denn vielleicht auch ein Hemmschuh, um frühzeitiger und damit effektiver gegen Lärm vorgehen zu können.

  5. Hallo,

    Ich bin betroffen und selbst auch Motorradfahrer. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass ab ca. 100km/h sowieso die eigene Anlage nicht mehr gehört wird und man Rückmeldung des Bikes nur noch über Körperschall, sprich Vibration, wahrnimmt. Der Fahrer hat also nichts vom eigenen Krach.
    Als Coach und psychologischer Berater kann ich jedoch sagen, dass der veranstaltete Krach das Selbstbewusstsein nicht nachhaltig steigert (Ironie wieder aus).
    Als Anwohner einer engen Kurve mit bisher 7 Unfällen (im Frühling innerhalb von fünf Wochen) weiss ich aber auch, dass die Polizei manchmal nicht weiss, warum sie überhaupt ausrücken soll wenn niemand verletzt wurde (hatte einfach gemeldet damit es irgendwo registriert wird. Einmal habe ich wegen hohem Sachschaden zwei Stunden mit dem Verursacher auf die Uniformierten gewartet. Fühlt sich schon einwenig nach „kein Bock weil keine Handhabe“ an. Und unsere Rennbahn, die L159 wird seit ein paar Jahren auch zunehmend zur Autorennstrecke, tagsüber wie auch nachts.
    @Polizei: Bei uns in Bonndorf, L159 beider Abzweigung nach Wittlekofen, gibts immer Kaffee, Wasser, Strom und nette Leute. Wäre nett wenn Ihr mal Präsenz zeigen würdet. Einfach so präventiv. Nicht nur wenns kracht oder irgendwelche Vollidioten Fettbeutel auf die Strasse werfen und es eigentlich schon zu spät ist.

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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