Die Lärmmessung von Straßenfahrzeugen wird in einem normierten Verfahren vorgenommen, das für alle Straßenfahrzeuge in Europa (auch in der Schweiz) verbindlich ist. Dazu fährt das Fahrzeug mit 50 km/h auf die Lärmmessstelle zu und beschleunigt mit Vollgas auf 80 km/h. Der Geschwindigkeitsbereich oberhalb 80 km/h wird in den normierten Lärmmessungen nicht erfasst, da können die Fahrzeuge dann so laut sein, wie sie wollen. Für Motorräder gilt im normierten Verfahren seit 2016 ein Lärmgrenzwert von 78 dB (A), vorher waren es 80 dB (A). Für PKW gilt ein Lärmgrenzwert von 74 dB (A). Motorräder dürfen also 4 dB lauter als KFZ sein, aufgrund des logarithmischen Charakters des dB Werts entspricht das ungefähr einer zusätzlichen Lautheit von 40 % gegenüber einem PKW. Schon hier zeigt sich, warum gerade die Motorradgeräusche sich besonders vom normalen Verkehrslärm abheben. Es sind eben nicht nur die Motorräder mit manipulierten Auspuffanlagen („Schwarze Schafe“), die am schlechten Image der Motorrad-Gemeinde schuld sind.

DB-Eater-Schau im Rems-Murr-Kreis: Mal gucken, ob da was drin ist. Gegen andere Lärmtricks hat die Polizei kein Instrumentarium.

DB-Eater-Schau im Rems-Murr-Kreis: Mal gucken, ob da was drin ist. Gegen andere Lärmtricks hat die Polizei kein Instrumentarium.

Das normiertes Verfahren zur Lärmmessung ist nicht praxisnah. Oberhalb von 80 km/h werden überhaupt keine Lärmemissionen erfasst. Im Geschwindigkeitsbereich unterhalb 80 km/h wird bei den Lärmmessungen getrickst. Das Schweizer Fernsehen hat in einem detailliert recherchierten Bericht gezeigt, dass die Hersteller ihre Fahrzeuge auf den Lärmtest vorbereiten. Im Bericht wird ausführlich gezeigt, dass die Fahrzeuge bei einer minimalen Abweichung vom normierten Test (Anfahrt mit ca. 55 km/h statt mit 50 km/h) plötzlich zwischen 2- und 4-mal so laut wie bei Anfahrt mit 50 km/h werden. Dies entspricht im Prinzip der Schummelei beim VW-Abgasskandal, hier allerdings mit Billigung des Gesetzgebers.

Ein paar Grundlagen zu Lärmmessungen bei Fahrzeugen: Es ist bekannt, dass Lärm in Dezibel (dB) gemessen wird. Dezibel ist eine logarithmische Größe. Das bedeutet, dass sich ca. alle 10 dB die Lautstärke verdoppelt (der Schalldruck verdoppelt sich sogar alle 6 dB). Ein Anstieg von 70 dB auf 80 dB ist also nicht eine Steigerung der Lautstärke um ca. 15%, sondern um 100%. Ein Anstieg von 70 dB auf 90 dB ist nicht eine Steigerung um ca. 30%, sondern entspricht einer Steigerung der Lautstärke um 400 % (Vervierfachung der Lautstärke). Ein Anstieg von 70 dB auf 100 dB entspricht dann einer Steigerung um 800% (Verachtfachung der Lautstärke). Das ist z. B. ein wichtiger Aspekt bei der abzuziehenden Toleranz bei Polizeikontrollen. Es werden 5 dB vom ermittelten Messwert abgezogen. Das klingt wenig, ist in etwa so, als wenn die Polizei jemanden mit 90 km/h in der Stadt anhält, nur um anschließend 40 km/h „Toleranz“ abzuziehen und ihn ungestraft weiterfahren zu lassen. Hinzu kommt folgendes: Für die Lärmmessung von Fahrzeugen wird nicht die Größe Dezibel (dB), sondern dB (A) verwendet. Der Unterschied ist, dass bei der Lärmmessung die tiefen Frequenzen herausgefiltert werden. Wenn also ein besonders tieffrequentes Fahrzeug (Gyrocopter, Harley-Motorrad) gemessen wird, dann wird schon bei der Messung ein Teil der Lärmbelästigung, nämlich die Frequenzen < 1000 Hz, zu einem großen Teil herausgefiltert. Der gemessene Lautheitswert wird also geschönt. Korrekter wäre es einen ungefilterten dB Wert zu nehmen. Das hat die Lärmlobby bislang aber zu verhindern gewusst. Eberhard Sengpiel – ein international renommierter Tonmeister – pflegte sinngemäß zu sagen: „Ein mit der A-Bewertung ermittelter Messwert eines Motorrades muss falsch sein.“

 

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7 Responses

  1. Mittels der aktuell laufenden Bundestags-Petition kann man dem Gesetzgeber auch implizit mitteilen a) dass es ein Problem gibt und b) dass man Handlungsbedarf sieht – bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit dafür!

    https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2016/_07/_12/Petition_66701.html

    Anleitung:

    1. Einfach dem Link zur Petition folgen und auf der Seite „Online mitzeichnen“ anklicken.

    2. Auf der folgenden Seite den Reiter „Ich bin neu hier“ anklicken.

    3. Auf dem nun folgenden Formular die mit “ * “ gekennzeichneten Pflichtangaben machen. Als Passwort einfach ein Wort mit 8 Buchstaben (mit min. einem Großbuchstaben sowie einer Zahl, zum Beispiel: LaerM65713) eingeben. Nicht vergessen, unten die Kästchen zu Datenschutzerklärung und Nutzungsbedingungen anzuklicken – ein Haken erscheint dort. Ganz unten dann noch die Wahl zwischen „Nummer“ oder „vollständiger Name“ als Angabe in der Petitionsliste ausfüllen – ich empfehle die Anonymität („Ich möchte ohne Namen, nur mit Mitzeichner-Nummer aufgeführt werden“).

    4. Jetzt den Button „Jetzt registrieren und mitzeichnen“ anklicken.

    5. Daraufhin wird automatisch eine E-Mail an Ihre E-Mail-Adresse versandt. Diese enthält einen Bestätigungslink. Diesen Link bitte anklicken.

    6. Fertig!

  2. Es ist ein Elend mit der Allianz aus
    Krachmachern und Industrie. Derweil beschafft sich die Politik Monblanc Kugelschreiber und diskutiert Placebo-Gesetzchen, damit Bürger denkt, es gehe vorwärts. Und zu allem noch die Lärmloblieder der Motorjournalisten. In Summe ist das schwer erträglich.

    • Ich wohne im NP Nordschwarzwald an der L 83, eine Rennstrecke. Kommentar aus dem Verkehrsministerium: es handelt sich um Einzelschallereignisse.
      Ich habe resigniert.

  3. Hallo Walther,
    so ergeht es vielen von uns. Die Probleme werden systematisch von Politik und Behörden geleugnet und vertuscht.

    Eine Ursache für dieses Verhalten könnte in den möglichen Kosten zu sehen sein, welche das Eingeständnis eines größeren Problems mit sich bringen könnte. Denn wenn die erst seit kurzem auf breiter Front verbauten Klappenauspuffanlagen und „Active-Sound“-Außenlautsprecher mit in den nach EU-Recht vorgeschriebenen Lärmkartierungen und Lärmaktionsplänen berücksichtigt werden müssten, dann würden massenweise sogenannte Beurteilungspegel die zulässigen Grenzen überschreiten. Dieses würde die Kommunen bezüglich Lärmaktionsplanung in Zugzwang bringen. Daran ist die Politik natürlich nicht interessiert. Deshalb werden diese angeblichen „Einzelschallereignisse“ schön weiter ignoriert – zum Leidwesen der betroffenen Anwohner. Aber Resignieren ist keine Lösung!

    Einzige Chance: Bringen Sie mit uns das Problem an die Oberfläche – helfen Sie uns, den Druck auf die Politik zu erhöhen – nehmen Sie beispielsweise an der Petition zur Einführung von „Lärmschutz-Umweltzohnen“ teil UND motivieren Sie Ihr Umfeld dieses ebenso zu tun.

    Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit dafür! (Anleitung: Siehe oben)

    https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2016/_07/_12/Petition_66701.html

    • Hallo Frank,
      Die Petition habe ich längst unter zeichnet. Zwischenzeitlich habe ich in dieser Angelegenheit einen 3 cm dicken Akten Ordner mit Schreiben von mir und Antworten der einzelnen Landräte in unserer näheren Umgebung. Ergebnis: gelesen gelacht gelocht. Die ImMissionsbeauftragte des Landes Baden-Württemberg hat nur Gefaselt mit EU recht und so weiter.ich wohne jetzt seit drei Jahren hier an dieser L 83 habe auch schon Kontakt aufgenommen mit dem BUND aus dem Rems-Murr Kreis, leider sind alle Bemühungen erfolglos geblieben.

  4. Die Petition ist unzureichend . Lärm in Städten wird nicht erfaßt , dabei ist er gerade dort alltäglich und nur mit radikalen Verboten zu bekämpfen.
    Wir brauchen etwas , was es eigentlich schon gibt , die Verpflichtung für jeden , möglichst emissionsarm und damit auch lärmarm zu fahren , mit konsequenten Strafen bei Verstößen , bis hin zu Gefängnisaufenthalten.
    Vielleicht sollte man mal rausfinden , in welchen Gegenden die Profiteure denn so wohnen , und dann den Lärm , ganz legal , zu ihnen zurücktragen , indem man selber ein bißchen rumheizt – nur zur Abwechslung mal vor deren eigener Haustür.

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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