Hamburger NABU (und der BUND Arbeitskreis Motorradlärm) kritisieren Lärm- und Feinstaubbelastung durch Biker-Event in der Hansestadt: Am vergangenen  Sonntag gipfelte das dreitägige Treffen der Biker-Szene in der Motorradparade, einer über 30 km langen Strecke entlang den Landungsbrücken, der Reeperbahn und der Willy-Brandt-Straße. Genau an diesen zentralen Orten hat der NABU eine Messung durchgeführt, um das Ausmaß der Lärmbelästigung zu erfassen und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung zu verdeutlichen.

Es wurde ein durchgehender Lärmteppich von 90 bis 110 dB gemessen, während tausende Harleys und andere Motorräder an der Strecke vorbeirauschten. Zum Vergleich: Bei Lärm ab 85 dB am Arbeitsplatz muss ein Gehörschutz getragen werden, ein Presslufthammer in 10 Meter Entfernung hat einen Lärmpegel von 100 dB. Die gemessene Lautstärke bei der Harley-Parade ist in die Lärmstufe III einzuordnen. Selbst eine kurzfristige Lärmbelastung dieser Stufe kann bereits bleibende Gesundheitsschäden verursachen. Besonders gefährlich ist der – wenn auch kurzfristige – starke Lärm für am Straßenrand stehende Kinder. Solch hohe Lärmemissionen sind verantwortlich für Ohrenschmerzen und langfristige Gehörschäden.

Alexander Porschke, 1. Vorsitzender NABU Hamburg sieht die Großveranstaltung in seiner Stadt als Lärmplage: „Nicht allen, aber dennoch viel zu vielen Motorrad-Fans, ist es wichtig, möglichst lautstark ihre Maschinen vorzuführen. Wir anderen müssen den Lärm, den Gestank und die Gesundheitsgefahren ertragen. Das ist inakzeptabel. Stadtbewohner sind bereits zahlreichen Lärmquellen in Hamburg ausgesetzt: Straßen- und Fluglärm, Hafen- und Schienenlärm. Wenn nun noch am Wochenende Zehntausende röhrende und stinkende Motorräder in die Stadt geholt werden, ist dies eine zusätzliche und völlig unnötige Lärmbelastung. Dies hat rein gar nichts mit Lärmschutz zu tun. “

Die Erfahrung mit den Harley Days der letzten Jahre hat gezeigt, dass zahlreiche Bikes zusätzlich getunet werden, um die Lautstärke noch weiter nach oben zu schrauben. Dazu werden Schalldämpfer manipuliert oder gleich ganz demontiert. Auch so genannte „Burn-Outs“, das Durchdrehen der Räder bei gezogener Bremse, sorgen für erheblichen zusätzlichen Lärm und für Feinstaubbelastung. Die Messung der Feinstaubwerte während der Parade waren ebenfalls extrem hoch. An einer normalen Straßenkreuzung werden durchschnittlich 30.000 – 40.000 Partikel/cm³ gemessen. Die Harleys schafften einen Wert von 220.000 Partikel/cm³.

Lärm stellt eine der größten Umweltbelastung der heutigen Zeit dar und macht nach Studien unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nachweislich krank. Durchgehender, aber auch punktueller Lärm führt zu Herzkreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Schlafstörungen und sinkender Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz. Gerade das sehr sensible Gehör von Kindern, ist bei den Lautstärken, die tausende von Harleys erzeugen, stark gefährdet.

„Kinder lernen nachweislich langsamer lesen, nehmen mehr Medikamente oder leiden häufiger unter Sprachstörungen, je stärker sie Lärmquellen ausgesetzt sind. Weil die gesundheitsgefährlichen Auswirkungen von Lärm, zum Beispiel von Industrieanlagen, erkannt und mit Blick auf den Schutz der Allgemeinheit stark reguliert sind, wundert es besonders, dass bei Spaßveranstaltungen wie dieser offensichtlich alle Augen zugedrückt werden“, stellt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg, fest.

Die Stadt unternimmt nach Einschätzung des NABU insgesamt zu wenig, um ihre Einwohner effektiver vor Lärm und seinen negativen Folgen zu schützen. Fast 140.000 Hamburger Bürgerinnen und Bürger sind tagsüber von übermäßigem Straßenlärm betroffen, nachts immerhin noch 120.000. Dazu kommen weitere rund 50.000 durch Schienen- und 40.000 durch Fluglärm Betroffene.

Seit Januar 2016 ist eine neue EU-Verordnung in Kraft getreten, mit der eine Reduktion von Motorenlärm bei Zweirädern erreicht werden soll. Doch in der Praxis helfen die neuen Regelungen nicht viel. Unter anderem sind Halter älterer Maschinen nicht dazu verpflichtet, ihre Zweiräder nach den neuen Bestimmungen umzurüsten. Und: Leider werden auch schon die neuen Regelungen von Fahrern und Herstellern umgangen, wie die Versuche der Baden-Württembergischen Landesregierung auf dem Flugplatz Lahr zeigten.

Newsletter
Für weitere Informationen abonnieren Sie bitte unseren Newsletter.

Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner