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Aktionsplakat zum Tag gegen den Lärm 2016.

Am 27. April fand zum 19. Mal der „Tag gegen Lärm“ statt. Dazu erreichte uns ein Beitrag einer Betroffenen:

Es könnte ein jährliches Ereignis werden, der Leserbrief zum Thema Lärmbelästigung durch Motorräder. Doch Vorsicht: psychologisch ist jemand, der sich beklagt, schon per se „ein Opfer“, wie es heute so heißt. Frustration ist ja immer die Schuld des Frustrierten, oder?

Kaum scheinen die ersten Sonnenstrahlen, lesen wir in der Zeitung von Motorrad-Unfällen. Die Saison ist also eröffnet. Wer kennt das nicht: Ich fahre auf einer Schnellstraße und aus dem Nichts kommt eine Rakete angeschossen, die mich schneidet. Schreck mit Herzschlag: es war ein Motorrad! Ein Zitat aus einem Kommentar (im Internet vom 5. April eines Landhotels in Bayern), der übertitelt ist: Hotellerie in vielen Regionen ächzt unter Motorradlärm! „Da insgesamt die Akzeptanz in der Gesellschaft für diesen Wahnsinn nur ein Abbild des derzeitigen Zustandes der Gesellschaft ist, sind wir über substantielle Fortschritte in diesem Thema eher pessimistisch, da auch von Landratsamt, Polizei und Gutachtern immer auf höhere Stellen – EU, Halterhaftung usw. verwiesen wird. Sie sehen, irgendwie ist die Luft bei uns eher abgelassen worden und wir hoffen – zynischerweise – auf ausreichend Unfälle. Dies ist, laut derzeitig allgemeiner Auskunft, der einzige Weg eine wesentliche Änderung bei Geschwindig-keitsbegrenzungen und bei Streckensperrungen – wenigstens am Wochenende zu erreichen. “

Wer sich für dieses Thema interessiert, findet hundertfach Möglichkeiten, sich im Netz zu informieren. Leider ist der Tenor einhellig: Es gibt nichts, was der Einzelne tun kann, um diesen Terror zu unterbinden. Es wird immer auf höhere Stellen z. B. EU, verwiesen, wo der Sand tief ist.

Zum o. g. Tag gegen Lärm gibt es eine interessante Homepage.

Wenn ich also auf meiner Terrasse sitzen möchte, muss ich mir Ohrenschützer aufsetzen, denn an Wochenenden und Feiertagen kann ich von morgens bis abends das ganze Knatter- und Röhrspektrum erleben, das Motorräder so bieten können. Ganze Ketten von Motorrädern multiplizieren ihr Geräusch in eine Riesenbrumm-Schallwelle. Warum soll ich drinnen sitzen, weil einige wenige in dieser Republik der Meinung sind, ihr Freizeitspaß kann allen anderen Nicht-Motorradfans ruhig auf die Nerven gehen? Es ist mir schleierhaft, warum Autos leise sein müssen, Motorräder aber nicht. Es scheint erst dann richtig Spaß zu machen, wenn‘ s ordentlich Getöse erzeugt. Und das sagen mir Motorradfahrer auch ins Gesicht, dass nämlich der laute Auspuff der eigentlich gute ist.

Nun sind wir in Neuhaus im Solling in einer besonderen Lage: fünf Kreis-, Landes- und Bundesstraßen aus allen Himmelsrichtungen münden hier, ein wahrer Knotenpunkt der Vergnügungssüchtigen auf zwei Rädern. Von wegen in Neuhaus ist an Wochenenden nichts los! Interessantes Beispiel für bekloppte Verkehrsplanung: 250 Meter lang ab Ortsausgang Richtung Uslar gilt 100km/h, dann vor dem Wildpark-Parkplatz 70 km/h für ?? Meter, dann wieder 100 km/h. Können Sie sich vorstellen, was das bedeutet? Ein wahrer Brems- und Beschleunigungsrausch für Motorradfahrer, wenn sie sich denn überhaupt an die 70 km/h halten. Übrigens wird bereits innerorts „hochgezogen“, damit es sich auch richtig lohnt.

Doch wir sind ja nur EIN Ort unter vielen, der terrorisiert wird. Es macht mich wütend und aggressiv, und ich frage mich, warum diesem Treiben nicht Einhalt geboten wird. Denn wir sprechen hier über Manipulationen, die den zusätzlichen Lärm erzeugen. Endschalldämpfer werden ganz herausgeschraubt oder durch einen Zubehörauspuff mit EU-ABE (allgemeine Betriebserlaubnis) ersetzt. Der Trick ist, dass diese Nicht-Originalteile in irgendeinem europäischen Land eine Zulassung erhalten haben, jedenfalls nicht in Deutschland. Dafür aber schön Krach machen. Jeder zweite Harley-Davidson-Käufer nimmt übrigens laut Händlerauskunft einen lauten Aufpuff dazu.

Nun bin ich wirklich kein Kontrollfreak, aber ich weiß mir nicht anders zu helfen, als nach einer übergeordneten Regelung zu rufen. Wenn man denn einen Sünder erwischt, warum kann man das Fahrzeug nicht stilllegen? Auf Einsicht ist wohl kaum zu hoffen. Mein Eindruck ist eher, dass es den Motorradfahrern piepegal ist, was ihr Tun für eine Wirkung auf andere hat. Sie finden sich cool.

Und Biker haben Ansprüche, die sie freimütig anmelden: Biker wünschen sich gezielte Streckensicherung. Wie kann die Allgemeinheit dafür verantwortlich sein, wenn ich zu schnell oder nicht angemessen, wie es immer in Unfallberichten heißt, fahre? Das ist wohl die Denke, die die Alleebäume seinerzeit das Leben gekostet hat und auf Kinderspielplätzen überall weiche Matten unter die Klettergerüste legt. Wir sichern, sichern und sichern alles ab, wiegen uns im trügerischen Denken, dass ja nichts passieren kann.

Meine Erfahrung beim Fahren im Ausland ist, dass jeder deutlich vorsichtiger und umsichtiger fährt, wenn eben NICHT alles abgesichert ist. Die Verantwortung liegt viel mehr bei jedem Fahrzeugführer selbst, beim Auto- wie auch Motorradfahrer. JEDER muss so fahren, dass er andere nicht beeinträchtigt oder gar gefährdet.

Nicht vergessen: wir reden beim Motorradverkehr überwiegend über Freizeitverkehr. Motorisierte Zweiräder sind der Spitzenreiter und damit teuerstes Verkehrsmittel für die Gesellschaft. Sogenannte externe Kosten für Lärm, Treibstoff, Verschmutzung, vor allem aber Unfälle: Schäden, Rettung, Krankenhausaufenthalte etc. bezahlen wir alle mehr oder weniger freiwillig mit.

Für mich ist der öffentliche Verkehrsraum jedenfalls ist kein Vergnügungspark. Jeder verletzte oder tote Motorradfahrer ist einer zuviel. Ich hege keine Hass, ich bin nur verzweifelt. Jedem, der vernünftig fährt, sei der Spaß gegönnt. Doch diese Situation möchte ich einfach nicht mehr hinnehmen.

Vielleicht denken alle noch mal ein weiteres Jahr darüber nach. Bis zum 20. Tag gegen Lärm.
Angelika Reuter, Neuhaus im Solling

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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