Offener Brief an die Politik in Sachen Motorradlärm

Zahl der Motorräder verdreifacht
Soweit mir bekannt ist hat sich die Anzahl der zugelassenen Motorräder in Deutschland seit 1990 ungefähr verdreifacht, was rein proportional gesehen eine Verdreifachung des Motorradlärmes über diesen Zeitraum nahelegt.
Es ist weiterhin davon auszugehen, daß nicht nur die Anzahl i.B. in den letzten Jahren stark zugenommen hat , sondern auch eine Verschiebung in der Nutzung stattfand. Wurden früher Motorräder z.T. als billiges Transportmittel genutzt, steht heute die Nutzung als Zweitfahrzeug in der Freizeit mehr im Vordergrund. Damit verschoben sich gleichfalls die Ansprüche: Solange das Motorrad vorrangig als einfaches Transportmittel diente, war auch das „Soundmanaging“ für die meisten Betreiber kein Thema. Damit ist nicht gesagt, daß früher Motorräder zwangsweise leiser waren, die Optimierung hin zu einem aggressiven Lärmmuster war aber m.E. deutlich geringer.

Lärmer in der Überzahl
Zugegebenermassen besitze ich über keine Statistiken der 60/70/80 Jahre zur typenmäßigen Aufschlüsselung der Neuzulassungen, diese der letzten Jahre sprechen aber eine allzu deutliche Sprache. Betrachtet man die Aufschlüsselung von „de.statista.com“ (Diese Diagramme sind nur gegen Bezahlung erhaltbar und Urheberrechtlich geschützt und können somit hier nicht eingefügt werden), erschließt sich schnell, daß die Neuzulassungen tendenziell geräuscharmer Motorräder (Touren-Motorräder) deutlich in der Minderzahl sind (ca 20%), während die eher auf satten Sound getrimmten Sport/Supersport und Chopper gut 3/4 der Neuzulassungen abdecken. Dies sollte zumindest Zweifel an der gebetsmühlenartig wiederholten Aussage wecken, daß die meisten Motorräder „leise“ fahren und sind.
Dazu kommt, daß zur gleichen Zeit die erlaubte Motorleistung , die vor dem Jahr 2000 auf 100PS gedeckelt war, jetzt freigegeben und auf Spitzenwerte von über 200PS hochgeschraubt wurde. Die Behauptung, daß großvolumige Motorräder deutlich mehr Lärm verursachen, erscheint mir, (i.B. im Hinblick auf andere Problemkandidaten wie z.B. Sportwagen und aufgemotzte Autos) in keinerlei Weise an den Haaren herbeigezogen.

Motorkapselung verpasst
In der Zwischenzeit sind i.B. die schweren Motorräder tatsächlich so breit, daß an zusätzliche schalldämmende Maßnahmen wie z.B. Motorkapselungen nicht mehr zu denken ist. Das bedeutet aber im Klartext, daß aufgrund von Versäumnissen des Gesetzgebers in der Vergangenheit, wie eben das rechtzeitige Einfordern von Motorkapselungen, Schalldämpfern (statt „Auspuff“ ) und Lärmbeschränkungen, die Lage heute soweit eskaliert ist, daß es tatsächlich nicht mehr ohne tiefe Einschnitte möglich ist, diese Maschinen effektiv leise zu betreiben. Das Kind ist also schon in den Brunnen gefallen und man lässt es jetzt lieber ertrinken anstatt aktiv zu werden.

Die Medien sprechen Bände
Wer Zweifel an meinen Ausführungen hegt, dem empfehle ich Motorradbeschreibungen, die regelmäßig in renommierten Zeitschriften wie die „FAZ“ oder „Der Spiegel“ erscheinen, zu lesen. Dazu muss man nicht weit in die Vergangenheit gehen, die FAZ berichtet in der Ausgabe vom 2. Februar 2017 unter dem Titel „Friendly Fire“ über die ‚Ducati Supersport‘:
„Zwar grollt auch diese Ducati dunkel und mit respektablem Klangvolumen. Aber kein Vergleich zur Panigale. Wird eine Panigale gestartet, fällt im Nachbarhaus vor Schreck der Wellensittich tot von der Stange. Aha !
Oder neulich am 28.04.2017: wiederum in der Faz unter dem Titel „Heißes Eisen“:
„Die Street Rod ist das bessere Harley-Einstiegsmodell. Mit ihr kann man sich sehen lassen, muss sich nicht verstecken. Noch nicht einmal der Akustik wegen, was im Fall einer Harley ein wichtiger Punkt ist.“
Darf’s noch etwas mehr sein ?
Gerne, z.B. ‚der Spiegel‘ vor wenigen Tagen über die ‚KTM 1290 Super Adventure S‘. Dort erfahren wir, mit Hinweis auf den KTM-Slogan „Ready to Race“, daß dieses Motorrad auch mit dem konfigurierten Paket „Sound & Style“ nachgerüstet werden kann.
Oder hier:  Leserbeitrag von ‚Trey‘: „Ich hätte gerne eine leisere Abgasanlage an meinem Motorrad. Leider ist der Serienauspuff schon der leiseste. Und BMW sagt z.B., die Kunden wollen einen „guten“ Sound, und deswegen hätte man nichts anderes im Angebot.“
Ich denke, dies bedarf keines weiteren Kommentars.
In Zusammenfassung des bisher Geschriebenen wage ich zu behaupten, daß seit den 90-er Jahren der durch Motorräder verursachte Lärm, sich nicht nur, wie Eingangs vermerkt, verdreifacht hat, sondern dass der reale (Stör-)Faktor noch weit darüber liegt. Es ist also nicht überraschend, und bestimmt kein Tick der Betroffenen, jetzt in Folge dessen zunehmend auf die Barrikaden zu gehen.

Munter Lärm manipulieren
2016 wurden die Lärmemissionen von Motorräder per Gesetz weiter eingeschränkt. Wäre die Lage nicht so ernst könnten man diesen Artikel in „Bikernews“ eigentlich nur noch mit Lachen lesen: Unter dem Untertitel „Panik unter Bikern. Ab 2016 gelten absolute Lärmgrenzen für Motorräder. Kommt jetzt das Ende der Klappensysteme?“ finden wir: „Soundmanagement, das ist ein elektronisch geregeltes Klappensystem, das die Schalldämpfer dann auf „leise“ stellt, wenn der Gesetzgeber es vorschreibt. Also bisher nur zu gesetzlich genau definierten Geschwindigkeiten und Drehzahlen. Alles, was jenseits dieser vorgegebenen Messpunkten liegt, ist eben „laut“ (aber nicht illegal). Der im September aufgekommene Skandal um die Dieselfahrzeuge von VW ist deshalb auch nicht wirklich ein Skandal [sic!]. Deren Abgas-Programmierungen sind so eingestellt, daß die Motoren sich dann brav geben, wenn gemessen wird. Das Soundmanagement macht es unterm Strich nicht anders, wohlgemerkt aber ohne vorsätzlichen Betrug.“
Etwas weiter unten geht es dann weiter mit: „Wir hätten über diese Soundsysteme vielleicht nicht so oft berichten sollen. Denn jetzt ist es rausgekommen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte mitgekriegt, daß ….“
Schlechtes Gewissen ? Keine Spur ! Wenn, dann nur Bedauern darüber in flagranti ertappt geworden zu sein.
So viel also zum Thema „An die Vernunft der Motorradfahrer appellieren“. Dies sind nur Ausnahmefälle ?
Selbst Motorradfahrer, denen ich durchaus ein Problembewußtsein zustehe, schreiben in Motorradonline:
„Jeder – fast jeder – Motorradfahrer will Sound [soweit, so ehrlich]. Wenn zugestopfte Motoren aus dürren Dämpferröhrchen zischeln und röcheln, dann fehlt beim Fahren einfach etwas.“
Wer immer noch Zweifel hat, der möge das Wort „Lärm“ durch den euphemistischen Ausdruck „Sound“ ersetzen um eine Nachfrage in Google mit „Motorrad + Sound“ zu starten. A vous de jouer !
Mit anderen Worten, hier an die Vernunft zu appellieren, ist ungefähr so als wollte man einen sibirischen Tiger mit guten Worten zum Vegetarier bekehren. Es klappt nicht !

Die Norm ist komplizierter als die Realität
Nun zur Gesetzeslage: Wie alle Beteiligten wissen, ist seit 2016 die neue Euronorm UNECE-R 41.04 gültig. Trotz langwieriger Suche habe ich keine klare Messvorgaben finden können. So steht zB. hier [http://www.baboons.de/news/allgemeine-news/6167-viel-lärm-um-nichts-neue-geräuschvorschrift-für-motorräder], daß der Lärmpegel eines Motorrades in allen Bereichen 73 bis 77 dB(A) nicht überschreiten darf. Das hört sich erst mal nach echtem Fortschritt an.
Weiteres Nachforschen in den Europäischen Gesetzen (im Text nach „Geräuschgrenzwerte — Euro 4und Euro 5“ suchen) legt aber nahe, daß dieser Pegel nicht 73-77 dB sondern eher um 80dB angesiedelt ist. Unterm Strich scheint die Lage aber doch um einiges komplizierter zu sein. In diesem [ https://monster1100evo.wordpress.com/2016/09/06/auspuffsound-und-lautstaerke/] – von einem Motorradfahrer verfassten und durchaus selbstkritischen Artikel – bemerkt der Autor, dass der Erfolg der Ducati Motorräder sich aus dem akustischen Motorenkonzept ableite. Dazu gehöre ein satt und tief bollernder Auspuffsound, der „deutlich wahrnehmbar“ sei. Dabei, so meint der Autor, handele es sich sogar um ein Alleinstellungsmerkmal im Marketingsinne.

Die neue Norm ist eine Farce
Daß eine Messung nach der db(A) Messvorschrift – welch ein Zufall – die besonders aggressive Anteile des Klangmusters unterdrückt, sei dabei nur am Rande erwähnt. Weiter unten findet man dann an gleicher Stelle die Aussage, dass gerade italienische Motorräder (Anmerkung: Ducati gehört zu Audi) die Klappenauspuffe intensiv genutzt hätten (und vermutlich weiter nutzen). Die temporäre Schließung der Auspuffklappen im zweiten und dritten Gang bedeute gleichzeitig, dass „darüber und darunter“ die Auspuffe in Sachen Lärm geflutet werden. Im Klartext: Tatsächlich wurden durch die neue Verordnung die (Dreh/Gang-) Bereiche, in denen die Lautstärke ermittelt und begrenzt wird, etwas erweitert, ausserhalb bleibt aber alles beim Alten. Vulgo: der Lärm darf dann außerhalb dieser (unwesentlich erweiterten) Bereiche nach wie vor ungehemmt freigegeben bzw. sogar verstärkt werden.

Ducati lässt die Monster brüllen
Der weiter oben genannte Blog belegt Motorräder wie die Ducati Monster 1100 EVO mit dem zweifelhaften Attribut „soundstark“. Experten von Polizei, TÜV und Zulassungsbehörden üben an vielen Motorrädern ähnlicher Provenienz massive Kritik wegen der Umgehung der Zulassungnormen. Auch – so der Insider – gebe es begründete Zweifel daran, ob viele Motorräder in der Serie noch die Zulassungsvorschriften der Homologation einhalten. Viele Lärmverstöße kämen nicht zur Anzeige wie bei den besonders auffälligen Ducatis Panigale 899 und 1199. Und zwar nur deshalb, weil in der Praxis der Geräuschmessung die Polizei an der Strecke dazu keine Handhabe habe.

Fakt: Insider wissen Bescheid und Lärmer scheinen froh darüber, dass unpraktikable Geräuschmessungs-Vorschriften für die Polizei deren Einschreiten verhindern. Ganz abgesehen von den weiteren Unzulänglichkeiten der Homologation.

Kein Respekt für die Normen
Zusammenfassend kann man sagen:
A) Die bestehenden neuen Normen werden offen nicht respektiert
B) Die Polizei kann mit den bestehenden Gesetzen und Messvorschriften auch gar nicht wirklich die Einhaltung der (neuen) Norm durchsetzen, ganz zu schweigen von dem (mehrheitlich) alten und ungezügelten Fuhrpark an Motorrädern !
Dies wird, wie ja schon sattsam bekannt, auch durch Messungen wie sie das Land BW in Auftrag gegeben hat (leider) mehr als deutlich bestätigt. Alles nur Übertreibung ? Ein kurzer Blick auf die Webseite [https://www.kesstech.de/de/produkte/] eines deutschen Auspuffherstellers räumt die letzen Zweifel aus:
„Zum reinen, ungetrübten Fahrspaß gehört für die meisten von uns der passende Auspuffsound. Und da sind wir schon direkt beim Thema: Sound. Bei uns dreht sich alles um den Klang. Unser Slogan „Feel the Sound.“ bringt es auf den Punkt. Keinem anderen Hersteller gelingt es, den Sound so pur und doch so legal auf die Straße zu bringen. Unsere neueste Elektronik sorgt dafür, daß das aktivierte Soundsystem im Alltagsbetrieb dem Fahrer ein einzigartiges Sounderlebnis bietet und zugleich immer legal gefahren werden kann. Die Elektronik hält sich sehr genau an die geltenden Vorschriften.“
Klingt nach Volkswagen ? Soll es auch, aber selbstverständlich völlig legal.

Klingt nach Volkswagen
Ich kann mir nicht helfen, spätestens da kommt für mich das Gefühl auf mit expliziter Duldung des Gesetzgebers vergackeiert zu werden. Als ob das Bild nicht schon komplett wäre, sei noch am Rande angemerkt, daß außer dem Auspuff auch noch weitere Maßnahmen wie z.B. das bewusste Vorverlagern des Zündzeitpunktes zum Standardarsenal der Krachmacher gehört. Da dies keine bauliche Veränderung darstellt, sehr wohl aber beim Motorbremsen seine volle Wucht in Form von Knallserien entwickelt, bleibt diese (natürlich wiederum legale weil „unbeabsichtigte“) Veränderung bei Standmessungen praktisch nicht nachweisbar.

Kommen wir nun zu dem was von staatlicher Seite unternommen wurde um das Problem zu bekämpfen.
Die meisten realen Maßnahmen, die in den letzten Jahren getroffen wurden, beschränken sich fast ausschließlich auf Baden Württemberg. Ich will (schliesslich komme ja selbst aus dem „Ländle“) diese Tatsache hier explizit lobend erwähnen und sehe daher in Herrn Marwein -trotz folgender Kritik, i.B. in Bezug af die „Lärm-Hinweistafeln“ – grundsätzlich einen Verbündeten in dieser Angelegenheit. So wurden vor ca. 3 Jahren zuerst in den Löwensteiner Bergen und dann im Schwarzwald Leitpfosten mit integrierten Mikrophonen zur Lärmerfassung am Straßenrand installiert. Eine sinnvolle Initiative, allerdings wundere ich mich, daß fast 3 Jahre später immer noch keine Analysen/Messergebnisse veröffentlicht wurden – zumindest konnte ich keine finden. Auch auf die Gefahr hin als Defaitist wahrgenommen zu werden: Ich sehe durchaus den Wert von solchen Messungen, kaum aber den Zugewinn des (statistischen) Wertes durch jahrelange Fortsetzung. Etwas zynisch bemerkt, reicht es eigentlich sich an drei oder vier Sonnentagen für eine halbe Stunde an den Rand beliebter Straßen zu setzen (vorzugsweise in einer Gruppe mit dem Versuch ein Gespräch zu führen) um einen recht objektiven Eindruck der Lage zu erlangen.

Displays haben kaum Wirkung
Zur praktischen Seite: In mehreren (Zeitungs)artikeln wird neuerdings damit geworben belastetete Ortschaften mit Lärmerkennungssystemen und aktiven Leuchttafeln zu versehen, die zu lauten Fahrern „Leiser“ signalisieren.
Nach Angaben des SWR sind die „Lärmeinsparungen“ durch diese Maßnamen ca. 2dB. Zu einem ähnlichen Schluss kommt die Stuttgarter Zeitung vom 25 April 2017 wo explizit steht:
„Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zeigen jedoch, daß auch die Displayanzeigen kaum Wirkung gezeigt haben“
Fassen wir also zusammen: Es wird den betroffenen Gemeinden also nahe gelegt, solche Systeme für 13.000 Euro zu erwerben, um den Motorradlärm, der schon rein legal 10dB über dem Lärmpegel von Autos liegt und -wie oben beschriebenen- sogar noch deutlich darüber liegen darf (und tut) – plus die Berücksichtigung von Messtoleranzen von 5dB (!!) , um 2dB abzusenken! Ein Vorschlag, der an Peinlichkeit kaum zu übertreffen ist.
In einigen Berichten wird auch angesprochen, daß diese Hinweistafeln bei einigen „Soundfans“ das genaue Gegenteil bewirken und diese erst recht laut aufdrehen. Ich kann dieses Verhalten durch eigene Erfahrung sogar betätigen.
Etwas deutlicher ausgedrückt heisst dies, daß die Opfer dazu angehalten werden, aus eigener Tasche, für nutzlose Aktionen zu bezahlen. Ich wette um den Preis dieser Hinweistafeln (13k€), daß diese Maßnahmen die Situation nicht befrieden werden.

Verursacherprinzips geht anders
Eine weitere Serie von Maßnahmen besteht darin über Geschwindigkeitsbeschränkungen (die ja bekanntlich alle treffen) oder gar Streckensperrungen die Lärmpegel abzusenken. So gibt es z.B in Österreich [https://www.kreisbote.de/lokales/fuessen/kommende-saison-soll-beschraenkungen-geben-6828942.html] konkrete Pläne an einigen Passstrassen ausschliesslich zur Eindämmung des Motorradlärms starke Geschwindigkeitsbeschränkungen einzuführen. Es trifft also wirklich Alle! Dies wird auch in vielen deutschen Orten gefordert, stößt aber meist wegen der Komplexität der Rechtslage (und des ruhigen Wohnortes der Entscheidungsträger) bei den zuständigen Ämtern auf taube Ohren. Wie aber die wenigen erfolgreichen Sperrungen bzw. Geschwindigkeitsbeschränkungen gezeigt haben, wird dadurch das Problem vielleicht tatsächlich lokal reduziert, letztlich aber auf andere Orte verlagert. Obwohl also aus individueller Sicht der Ruf nach solchen Maßnahmen durchaus Sinn macht, dient er faktisch nur zur Abladung des Mülls im Nachbargarten.
Einen der perversesten Gedankengänge zur Lärmreduzierung die ich unlängst gelesen habe, war der, gewisse, im Schwarzwald beliebte (weil schöne), Strecken durch bauliche Maßnahmen gezielt hässlich zu machen. Nee, ehrlich jetzt ?
Ich würde auch denen widersprechen, die Motorradlärm nur in bewohnten Gegenden [http://www.br.de/nachrichten/schwaben/inhalt/motorradfahrer-jochpass-laerm-allgaeu-100.html] als problematisch ansehen. Neure Studien [http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt/umwelt/-/journal_content/56/12054/17513670/Krach-verschmutzte-Naturschutzgebiete/] zeigen deutlich, daß Lärmverschmutzung ein flächenübergreifendes Problem darstellt (zugegebenermassen nicht nur durch Motorräder).

In Gebirgstälern, die ja gerne für Ausflüge genutzt werden, hallt der Schall von den Bergwänden oft wörtlich kilometerweit und damit minutenlang, vor und nach (bei größeren Gruppen umso nachhaltiger). Persönlich vermeide ich sogar in der Zwischenzeit in den bayerischen Alpen zum Wandern zu gehen, weil selbst auf den Bergspitzen der Donnerhall der Maschinen im Tal jegliche Ästhetik zerstört. Da Geld bei diesem Thema eine wichtige Rolle spielt, habe ich mir in der Zwischenzeit auch angewöhnt Hotelbesitzern nach einem Aufenthalt in einer motorradlärmverseuchten Gegend zu Verstehen zu vergeben, daß ich mich dadurch gestört fühl(t)e.

Die Lauten rasen mehr
Ein oft angeführtes Argument für Motorradlärm ist ‚Sicherheit‘, bzw die Hoffnung durch das laute Motorengeräusch von anderen (Auto-)Fahrern schon aus der Ferne wahrgenommen zu werden. Die Realität zeigt aber, daß besonders laute Motorräder überproportional in (schwere) Unfälle verwickelt sind, was dem Argument schon an sich den Boden entzieht. Offensichtlich wird von diesen Fahrern ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor, proportional zur Lautstärke, antizipiert und damit der Lärm gewissermaßen in den Fahrstil eingebaut. Eine allzu oft katastrophale Fehleinschätzung!
Doch selbst wenn diese Argumentation einen Funken Wahrheit enthielte, ist es unzumutbar das selbstgewählte ‚Risiko Motorradfahren‘ per Lärmschädigung auf Andere abwälzen zu wollen.
Oft wird auch versucht den Vorwurf, daß Motorräder (zu) laut sind, mit dem Hinweis zu unterlaufen „daß es ja auch Kraftfahrzeuge und i.B. Sportwagen bekannter Marken gibt, die ähnlich und ebenso „gesetzlich abgesegnet“ laut sind. Ich erkenne die Richtigkeit dieser Feststellung durchaus an und biete jedem Motorradfahrer der dieses Argument vertritt, meine Mithilfe zum Ändern dieser Sachlage an.

Industrielles Schweige-Kartell des Lärms
Grundsätzlich geht es nicht darum kategorisch alle Motorradfahrer über einen Kamm zu scheren. Ich würde durchaus einräumen, daß ein beträchtlicher Teil nicht notwendigerweise am „Krachmachen“ interessiert ist (ich fahre übrigens selbst Motorrad). Fakt ist aber, daß vom -vom Gesetzgeber gebilligt- die Herstellerseite keinerlei Anstalten macht (warum auch ?) den Lärmpegel aktiv zu senken, so daß viele Motorradfahrer (ich wage aber nicht zu sagen „Die überwiegende Mehrheit“) ungewollt an der Kakophonie teilnehmen.
Auch, wenn meine teils ironisch anmutenden Bemerkungen anderes vermuten lassen: es geht unter dem Strich nicht um die Motorradfahrer sondern um die Motorräder. Ich vergleiche die Situation gerne mit dem Rauchverbot in öffentlichen Räumen: Zuvor wurden Raucher ebenfalls gerne als rücksichtslos stigmatisiert. Das Rauchverbot in den Kneipen hat diesen Konflikt aber definitiv entschärft, auch wenn, zu einem gewissen Zeitpunkt, einschneidende Maßnahmen notwendig waren. Heute würde kaum jemand mehr auf die Idee kommen Raucher generell als asozial abzustempeln. Allerdings, diese Maßnahmen haben nur deshalb funktioniert, weil sie konsequent angewandt wurden. „Ein bisschen in Kneipen rauchen“ zu erlauben, wäre genauso kontraproduktiv gewesen wie weiterhin „ein bisschen unnötigen Krach erlauben“ ist.
Letztlich würde sogar die Motorradwelt von leiseren Motorrädern gewinnen. Ist es wirklich so toll von allen Normalos als Lärmverschmutzer angesehen bzw. gar verstoßen zu werden ? Ist der „Geile Sound“ das wirklich wert ?

Das selbe gilt für Ortsverwalter: Wenn ich mir die Klimmzüge die viele Bürgermeister machen ansehe, kann ich nur noch Bauklötze staunen. Gefangen zwischen den (nur zu berechtigten) Beschwerden der Bürger einerseits und wirtschaftlichen Interessen andererseits, wird das Lärmthema gerne mit viel Weichspüler präsentiert. In dem Moment wo Motorräder aber nicht mehr lauter wie Autos sind, würde niemand mehr auf die Idee kommen Motorradfahrer verbal oder real außen vor zu lassen. Vorher ist aber mit einer Befriedung der Lage kaum zu rechnen.

Warum ist der „Sound“ so wichtig
Ich denke dies ist auch der Moment, ein anderes Thema anzusprechen, nämlich nachzufragen warum eigentlich der „Sound“ angeblich so wichtig ist. Falls der Betreiber wirklich nur „am satten Gurgeln“ interessiert wäre, gäbe es durchaus Lösungen dieses Verlangen zu befriedigen ohne den Nachbarn zu stören:
Einen klanglich anspruchsvollen Lautsprecher in den Helm einzubauen und in mit einem kraftvollen MP3-Spieler zu verbinden ist billig, technisch einfach und würde nicht nur ein harmonisches Mitschwingen des Trommelfelles ermöglichen, sondern auch gestatten das Klangmuster nach Belieben zu verändern. Auch der teuerste Auspuff der Welt kann da nicht mithalten! Ebenso stellt eine direkte Koppelung der akustischen Grundfrequenz mit der Motordrehzahl wirklich kein elektronisches Problem dar.
Eine Vibrationsmatte (serienmäßig in den Sitz integriert) könnte sogar ein Vibrationsverhalten s(t)imulieren, daß deutlich über dem, durch reinen Schalldruck verursachten, Mitschwingen von Körperteilen hinausgeht -ohne die Umwelt zu stören.
Ich denke allerdings nicht, daß ich der Erste bin der auf diese Ideen kommt. Warum existieren diese Lösungen also noch nicht ? Ganz einfach, weil es vielen in Wirklichkeit um etwas anderes geht, nämlich bewusst als laut bzw. präsent wahrgenommen zu werden. Jeder der Kinder hat weiss, daß diese oft Unsinn machen, nur um die Aufmerksamkeit der Eltern zu erwecken. Dort, wie auch im Fall von Lärmen wird der menschlich verständliche Wunsch von den andern als Individuum wahrgenommen zu werden, notfalls auch auf „störende“ Weise umgesetzt, allen möglichen negativen Konsequenzen zum Trotz. Nur, ist der Straßenverkehr wirklich der richtige Ort um -mit rechtlicher Absegnung- solch infantilen bzw. narzistischen Trieben nachzugehen ?

Es geht um Macht
In durchaus nicht wenigen Fällen geht es aber um noch mehr: nämlich um Macht. Genauer, die hässliche menschliche Facette die eigene Macht über die Ohnmacht des andern zu definieren, indem man nämlich mit einem solchem (Fehl-) Verhalten kompromisslos zum Ausdruck bring: „Ich tu‘ dir weh und du kannst dich nicht wehren“.
Wer solche Gedankengänge für abwegig hält, möge bitte mit einer besseren Erklärung aufwarten, warum Konsorten wie „Hells Angels“ oder „Banditos“ systematisch den rechtsfreien Raum nutzen, um mit maximalen Krach, Motorvolumen und Leistung (oft untermalt durch wehrmachtsartigen Kopfschutz) durch die Straßen zu donnern, um sowohl die Polizei wie auch die Normalmenschen untertänigst zuhorchen zu lassen. Eine effektive Lärmregelung würde eine rechtliche Handhabe geben, diesem Spuk schnell ein Ende zu setzen.

Muss es laut sein?
Deshalb geht es noch als letztes darum genau diesen Teilaspekt anzusprechen: In den Medien, von Politikerseite und von Motorradverbänden wird immer wieder mantraartig wiederholt, daß Motorräder konstruktionsbedingt einfach lauter wie Autos sein müssen. Diese Aussage gilt es näher zu betrachten. Bei meinen Nachforschungen betreffs dieses Themas bin ich (u.A.) auf den Fall von Marc Schnoor gestossen der kürzlich zum Leiter beim TÜV in Celle berufen wurde. Ich kenne Herrn Schnoor nicht persönlich, bin aber durch diesen [https://celler-presse.de/2017/04/13/achtung-die-motorraeder-sind-wieder-unterwegs/] Artikel in der „Celler Presse“ auf ihn gestossen.
Dort antwortet dieser auf die Frage des Journalisten: „Warum dürfen Zweiräder jedoch lauter sein als Autos? “
mit: „…Aufgrund der Konstruktion eines Motorrads ist eine wirksame Schalldämpfanlage wie bei einem Auto einfach nicht gegeben“ Weiteres Nachgooglen um seine Person eröffnet uns in der Onlineausgabe „Celle Heute“ [https://celleheute.de/neuer-leiter-beim-tuv-celle/] folgende Äusserung seinerseits: „Den TÜV kannte ich damals in erster Linie von meinem Auto oder meinen Motorrädern, an denen ich früher viel herumgebastelt habe.“ Aha, könnte es also sein, daß hier der Bock zum Gärtner gemacht wurde?

Gut, es könnte ja sein das Herr Schnoor wirklich Recht hat und das Problem Motorräder geräuscharm zu bauen, tatsächlich nicht technisch lösbar ist. Dazu hätte ich aber gerne eine Studie, die nicht gerade von Harley Davidson in Auftrag gegeben wurde. Ich wäre also jedem dankbar der mir eine sachdienliche/neutrale/akademische/universitäre Studie, die genau diese Aussage beweist vorlegen könnte – mir ist jedenfalls keine bekannt. Solange dies nicht der Fall ist sehe ich keinen objektiven Grund für Motorräder nicht das gleiche maximale Lärmniveau wie für PKW einzufordern.

Handgranaten mit Explosionsleistung = 0
Kommen wir also zum letzten Punkt bevor ich diesen Brief mit den in meinen Augen notwendigen Kosnsequenzen abschliesse. Bislang gilt als Bewertungsgrundlage für Strassenlärm das zeitlich integrierte Lärmvolumen. D.h. daß der ‚Lästigkeitsfaktor‘ als Summe der Lautstärken mal Lärmdauer ermittelt wird. Dies ist ungefähr so als würde man Handgranaten legal in den Umlauf bringen, mit dem Vermerk, daß bei seltener Nutzung die Explosionsleistung über längere Zeiträume gemittelt praktisch Null ist. Dabei ist bei Lärm nicht nur die Schalleistung bestimmend. So kann das Rauschen eines Wildbachs oder des Windes, trotz hoher Lautstärke auch über Minuten oder gar Stunden als angenehm empfunden werden. Eigenes Empfinden und die obig zitierten Beispiele legen aber nahe, daß Motorradlärm gerade absichtlich auf hohe Penetranz und Aggressivität gezüchtet wird und damit über die eh‘ schon viel zu hohe Schallleistung durch das Klangmuster noch weiter potenziert wird. Im Klartext müsste also die Lautstärke von Straßenlärm, durchaus wie gehabt mit der Zeit, aber noch vorrangiger mit seiner Aggressivität, ponderiert werden. Das „Aggressivitätsniveau“ wäre über vergleichende (psychologische) Studien eher einfach zu bestimmen und über Techniken wie Fourieranalysen auch durchaus kategorisierbar.

Ich gebe zu daß ich meine Hoffnungen was den Mut der Politiker betrifft, dieses Jahrzehnte alte Problem endlich anzugehen eher verhalten sind. Dennoch gebe ich nicht, auf wie dieser Artikel ja ‚beweist‘. Vielleicht kommt es ja -ähnlich wie beim Feinstaub – zu einer richterlichen Entscheidungen i.B. wegen Körperverletzung. Die wissenschaftliche Datenlage ist ja diesbezüglich heute schon erdrückend. Im Gegensatz zum Flugzeuglärm (nein, ich will dieses Problem wirklich nicht kleinreden !!) ist Motorradlärm aber technisch viel einfacher zu reduzieren. Außerdem geht es beim Motorrad i.d.R ’nur‘ um den individuellen Spass und nicht um ein für die Allgemeinheit/Gesellschaft relevantes Thema wie der Flugtransport. Ich befürchte, daß erst wenn die Gefahr von Regressansprüchen durch Lärmgeschädigte die Lobby- (und Finanz-)Arbeit der Hersteller übersteigt, sich die Gesetzgebung (dann aber eher schnell) anpassen wird. So wäre dann -aus Politikersicht- der Stolperstein von zahlreichen Motorradwählern abgestraft zu werden, aus dem Weg geräumt. Schließlich könnte dadurch die Verantwortung auf die Gerichte, die so entschieden haben, abgewälzt werden. Dies ist übrigens in der Arbeitswelt schon lange der Fall: wären die Lärmniveaus die Motorräder aussenden am Arbeitsplatz vorhanden stünden die Chancen wohl gut einen Arbeitsprozess darüber zu gewinnen. Natürlich würde der Arbeitgeber in diesem Fall einen Ohrschutz vorschreiben und vielleicht sollten findige Gesetzgeber dies für alle Menschen die sich im Freien aufhalten zur Gesetzesgrundlage machen. Ist das etwa die Zukunft ?

Summa summarum:
– Insbesondere an schönen Wochenenden, wo jeder Erholung sucht, sind Motorräder die Hauptquelle für aggressiven Verkehrslärm, sei es auf dem Land oder in den Städten.
– Während für Autos relativ effiziente Lärmbeschränkungen existieren (unrühmliche Ausnahme: Sportwagen und monterisierte Familienkutschen) dürfen Motorräder ohne technische Notwendigkeit um ein mehrfaches lauter als Autos sein.
– Motorräder dürfen (und tun), ganz legal, gesundheitsschädigende Lautwerte von über 100dB erreichen. Genauer gesagt, besteht außerhalb der zur Messung definierten Gang und Geschwindigkeitsbereiche keinerlei Lärmemissionsbeschränkung.
– Laute Motorräder sind überproportional in schwere Unfälle verwickelt.
– Motorrad und Auspufffabrikanten gestehen offen ein, daß sie zur Einhaltung der Normen den Lärm im Kontrollmessbereich absenken aber außerhalb optimieren (= maximieren).
– Die ergriffenen Maßnahmen zur Lärmeindämmung haben sich als unwirksam herausgestellt und müssen von den Betroffenen finanziert werden.

Vorschlag eines Maßnahmenkatalogs:

A) Ein einheitlicher maximaler Lärmpegel für Motorräder (inclusive Freizeitfahrzeuge wie Quads & Trikes) der für alle(!) Geschwindigkeitsbereiche und Gänge bindend sein muss.
B) Dieses maximal gestattete Lärmvolumen muss dem des Autos gleichgesetzt werden. Es gibt, keine objektiven technischen Gründe, die dies verbieten.
C) Die Natur und die Aggressivität des Klangmusters muss ebenso in die Bewertung mit einbezogen und per Konstruktion beschränkt werden – für alle möglichen Fahrstile der Besitzer.
D) Kontrollmessungen (i.B) der Polizei benötigen ein einfaches und bindendes Messprotokoll. Messtoleranzen sollten 2dB nicht überschreiten, andernfalls muss die maximal erlaubte Lärmemission der Motorräder zuvor genau um diesen (höheren) Toleranzwert verringert werden.
E) Es kann nicht angehen, daß wie im VW-Skandal, Hersteller die Gesetze gezielt unterlaufen und damit -im Gegensatz zu VW- auch noch straffrei wegkommen. Wenn, i.B. neu zugelassene Motorräder und Auspufftöpfe die gesetzlichen Forderungen nicht erfüllen, muss explizit die rechtliche Möglichkeit geschaffen werden, ein erleichtertes Strafverfahren gegen diese Hersteller bzw. gegen die u.U. vorsätzlich handelnden Gutachter (die zuvor widerrechtlich die Homologation erteilten) einzuleiten. Wo kein Kläger da kein Richter.
F) Als Übergangsregelung könnte den Gemeinden erlaubt werden, Lärmbegrenzungen (wie eben Geschwindigkeitsbegrenzungen) zu erheben, mit dem Recht durch Kontrollanlagen (=“Blitzer“) das Einhalten zu überprüfen. Es läge dann -wie im Fall der Geschwindigkeit- in der Verantwortung des Fahrers durch seinen Fahrstil diese Werte nicht zu überschreiten.

Darüberhinaus muss auch, trotz Bestandsgarantie, die Möglichkeit geschaffen werden Druck zur Anpassung auszuüben. Die meisten Motorräder sind Schönwetterfahrzeuge und damit sind viele davon noch jahrzehntelang im Einsatz. Dies wäre rechtlich kein Neuweg, wie die Feinstaubplakette bzw. höhere Steuern für alte Dieselautos ja trotz Bestands- und EU-Rechts in der Vergangenheit eindeutig bewiesen haben. Bei vorhandenem Willen gäbe es auch hier rechtlich saubere Lösungen.

Dazu hier ein paar Vorschläge:
Ältere Motorräder könnten die Möglichkeit erhalten, entsprechend vorher festgelegter Kriterien, sich durch eine (z.B. TÜV-)Messung lärmkategorisieren zu lassen. Keine Kategorie wäre automatisch die „Niedrigste“. Die Kategorisierung müsste ausser der Lautstärke in allen(!) Geschwindigkeits und Gangbereichen auch die „Aggressivität“ des Lärmmusters berücksichtigen.
Nachträgliche Veränderungen, die die Lärmemissionen beeinflussen ohne daß eine Neukategorisierung durchgeführt wurde, müssten natürlich ahnbar sein.
– Dadurch könnte man auch Ortschaften erlauben, ähnlich der Feinstaubplakette, Lärmkategorieuntergrenzen für eine eventuelle Durchfahrt zu definieren, diese müssten natürlich am Ortseingang angezeigt werden.
– Ähnlich zur Dieseldebatte könnte man auch über eine ‚Lärmsteuer‘ nachdenken, die sich an obiger Kategorie orientieren müsste. Getreu dem Verursacherprinzip könnten diese Einnahmen an strategischen Punkten zu lärmdämmenden Maßnahmen verwendet werden.
– Auch für alte Motorräder muss ein allgemeiner Maximalwert festgelegt werden dessen Überschreiten (egal in welchem Gang/Geschwindigkeit/Ort) automatisch sanktioniert werden könnte. Ein anfänglich großzügig ausgelegter Grenzwert (wie zb. 90dB), der dann über die Jahre angezogen werden kann, würde einen „weichen Übergang“ schaffen. Man würde in diesem Fall also nur das tatsächliche Überschreiten von Lärmgrenzen (z.B. durch Strassenleitpfosten mit integrierten Mikrofonen + Blitzern) erfassen – und nicht die technische Möglichkeit eines Motorrads diese Lärmgrenzen zu überschreiten, ahnden.
An die Politiker gewandt: Es ist mir völlig klar daß ein Politiker, egal auf welcher Ebene, rechtliche Maßnahmen dieser Art nicht einfach so „durchziehen“ kann. Es ist auch klar, daß hier in letzter Konsequenz das Europarecht angeglichen werden muss. Hilflos die Hände in die Luft zu heben, mit der Bemerkung „Da kann man eh‘ nichts machen“, bedeutet aber alles beim Alten zu belassen, bzw. sogar die schleichende Verschlimmerung zu akzeptieren. Letztlich wirft der Sachverhalt auch ein schlechtes Licht auf die Politik: Entweder sind die Entscheidungsträger nicht kompetent oder sie lassen sich durch billigste Lobbyarbeit einfach über den Tisch ziehen. Als dritte Möglichkeit steht der Verdacht im Raum sich nicht die Hände schmutzig machen zu wollen. Alle drei Möglichkeiten sind nicht sehr schmeichelhaft. Es ist mir in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig anzumerken, daß die Nachforschungen zu diesem Thema meinem Vertrauen in die Institutionen einen herben Schlag erteilten. Es ist für mich einfach unfassbar wie bei so massiven und offensichtlichen Tricksereien und Fehleinschätzungen noch von „Experten“ und „Bürgerschutz“ die Rede sein kann.

An die Leser gewandt:
Ich kann durchaus verstehen daß frustrierte Bürger „sofortige Handlungen“ wie Streckensperrungen sehen wollen. Diese sind aber i.d.R rechtlich nicht durchsetzbar und letztlich Sankt-Florians-Massnahmen, die das Problem nicht lösen, sondern nur umverlagern. Mit zunehmender Zuspitzung der Lage muss auch vermehrt mit kriminellen Aktionen Einzelner gerechnet werden (wie z.B. unlängst das Vergießen von Öl in Kurven mit einem tödlichen Motorradunfall in Folge; oder das gezielte Bewerfen von Motorradfahren mit Metallgegenständen).

All dies ist offensichtlich der falsche Weg, deshalb bleibt den Betroffenen nichts anderes übrig als den „langen Marsch durch die Institutionen“ anzutreten. Ich denke aber, daß es im Gegenzug nicht zu viel verlangt ist, regelmäßig darüber unterrichtet zu werden, was die von den/m zuständigen Ministern/Behörden angeschobenen letzten Entwicklungen, Vorsprachen und Maßnahmen in diese Richtung sind. Falls nicht unternommen wurde, wäre zumindest ein ehrliches Zugeben diese Sachverhaltes wünschenswert.

Und dazu – i.B. an Sie, Herrn Dobrindt gerichtet, dient dieser offene Brief
und bitte, Herr Marwein, lassen Sie die Augenwischerei mit Lärmhinweistafeln besser bleiben.

Hermann Emerich
Grenoble

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