Politik und Verwaltungen tun weiter nichts gegen Motorradlärm

Seit rund einem Jahr erfasst der Bundesverband gegen Motorradlärm an einem halben Dutzend Messpunkten im Weserbergland die Lärmbelastung durch den Motorradverkehr. An den repräsentativ ausgewählten Hotspots werden regelmäßig Werte wie in den Einflugschneisen von Flughäfen gemessen; im ansonsten idyllischen Weserbergland. Das Umweltgift Lärm wird hier – als Ergebnis individuellen Freizeitverkehrs – der Bevölkerung in gesundheitsgefährdenden Dosen verabreicht.
Das Problem ist seit 20 Jahren bekannt: Nachdem der Holzmindener Kreistag im vergangenen Jahr fast einstimmig eine Vermessung und Bewertung von unterschiedlichen Maßnahmen gegen Motorradlärm beschlossen hat, entfachte das bundesweit einen Sturm der Motorradlobby. Kreispolitik, Kreisverwaltung und auch die Landespolitik knickten ein.
Die Falschbehauptung, es ginge hier um Fahrverbote für Motorräder, hat verfangen. Richtig wäre, dass nach Jahrzehnten von Lärmbelästigung besonders betroffenen Hotspots eine temporäre Lärmruhe an einigen Wochenenden des Sommers gegönnt werden sollte.
Die Motorradfahrerverbände führen stets Dialogbereitschaft mit den Anwohnern an. Wenn es um wirksame Maßnahmen geht, weichen die Lobbyisten keinen Millimeter von ihrer Position des lärmenden und krankmachenden Status Quo. Die Forderung der Bikerlobby nach mehr Kontrollen ist pure Heuchelei, weil zum einen die qualifizierten Kapazitäten bei der Polizei fehlen und zum anderen die Fahrzeuge weit überwiegend mit Lärmvorrichtungen ausgestattet sind, die von der Polizei nach aktueller Rechtslage nicht beanstandet werden können.
Wir betrachten die Pilotversuche damit als storniert und damit auch den Versuch, Erfahrungswerte zu unterschiedlichen Maßnahmen zu gewinnen. Der Bundesverband gegen Motorradlärm, Silent Rider und der Verein Motorradlärm Weserbergland fordern stattdessen von Politik und Verwaltung jetzt konkrete Vorschläge für Maßnahmen zum Schutz der Anwohner gegen diese Gesundheitsbelastung, um das Kernproblem Motorradlärm anzugehen.
Die von Landrat Schünemann gestreute Devise der „gegenseitigen Rücksichtsnahme“ ist empathiefreier Hohn in den Ohren der Betroffenen. Dass Biker Rücksicht nehmen könnten ist klar – aber wie soll denn ein Belästigter auf seinen Belästiger Rücksicht nehmen?
In Erwartung von kurzfristig wirksamen Alternativ-Vorschlägen verbleiben wir mit den besten Wünschen für eine gesunde Zeit,

Holger Siegel
VAGM e.V.

Marco Schmunkamp
Silent Rider e.V.

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2 Responses

  1. Wir müssen endlich vom Gesetzgeber eine Äanderung von §30 StVo verlangen.
    Das werden Leerlaufenlassen von Motoren und Türen zuklappen genannt, aber das Hochjagen des Motors nicht?
    Ohne einklagbare Immissionsgrenze am Straßenrand kann es keine Lösung geben.
    Die bloße Prüfung des Fahrzeugs nach StVZO ist zu wenig. Nicht nur manipulierte Fahrzuge sind das Problem, das Verhalten des Fahrzeugführer ist viel wichtiger.
    DIe Polizei braucht rechtssicheren Grenzwerte, am Straßenrand, sonst hat sie keine Handhabe.
    Frankreich zeigt, wie das geht. Da können Lärmradars aufgestellt werden.

    Eine Alternative wäre auch die Begrenzung der Drehzahl in Ortschaften auf die Drehzahl, die bei der Typprüfung definiert wurde. Da sind die Fahrzeuge schön leise.

    Warum die Drehzahl?
    Weil diese einfach nachweisbar ist. Eine Videoaufnahme mit Ton reicht. Nachträglich kann die Drehzahl über eine Fourier-Analyse bestimmt werden. Da es um Frequenzen geht, gibt es kein störenden Einfluss von Distanz / Reflexionen auf Gebäude, das ist am Straßenrand mit wenig Technik durchführbar.

    Auch muss über Erziehungs-Ampeln beraten werden. Ist ein Fahrzeug zu laut, schaltet die Ampel auf rot.
    Da hier keine Strafe verhängt wird, nur ein Ampelereignis ausgelöst wird, sind die Anforderungen an einem Grenzwert nicht so hoch.

  2. Es ist Samstag, es regnet nicht.
    Das bedeutet wie an jedem solchen Wochenende, dass sich mein Aufenthalt im Freien wieder mal erledigt hat.
    Morgen findet in der Nähe eine sogenannte „Motorradwallfahrt“ statt. Da treffen sich dann jede Menge rücksichtsvolle bibelfeste Individuen, weil man da halt mehr von diesem Gesocks antrifft. Wieso der Himmelskomiker diese asozialen Querschläger auch noch segnen will, entzieht sich meinem Vorstellungsvermögen.

    Wissing und seine Vorgänger – zum Wohle des Volkes: Mehr Verhöhnung geht wohl nicht!

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