Ausriss aus den Stuttgarter Nachrichten vom 19.6.2023

Wenn einer sich auskennt mit dem mutwilligen Lärm auf den Straßen, dann Thomas Hohn. Seit 30 Jahren gehört er zur Motorradstaffel der Polizei in Stuttgart – und in dieser Funktion kontrolliert er unter anderem Krachmacher im Verkehr. Sein Fazit ist ebenso ernüchternd wie alarmierend: Bei 100 Kontrollen von zu lauten Fahrzeugen kann die Polizei nach aktueller Rechtslage nur zwei aus dem Verkehr ziehen. Selbst die BMW Polizei-Motorräder der Stuttgarter Staffel des Baujahres 2022 sind heute doppelt so laut wie die Vorgänger-Generation von 2013. Hersteller erfüllt Kundenwünsche

Wie unsere Initiative seit Jahren beklagt, tricksen die Motorrad-Hersteller bei ihr Auslegung der Norm so, dass die Performance-Fahrzeuge in der Praxis immer lauter werden, im Fahrzeugbrief aber leiser eingetragen sind. Die Stuttgarter Nachrichten berichten: Die Hersteller … programmieren die Steuergeräte der Fahrzeuge so, dass die Motoren bis knapp unter der Messdrehzahl einen ohrenbetäubenden Lärm abgeben. Kurz vor Erreichen der Messdrehzahl wird das Fahrzeug dann um ein Vielfaches leiser, weil die Elektronik die Auspuffklappen schließt. Und die Polizei darf nur dieses leise Geräusch dann messen und bewerten. Manche Lärmer-Funktionen sind laut dem Bericht bei einer entsprechenden Schalterstellung so laut wie ein startendes Flugzeug – aber zugelassen wird das Fahrzeug im zivilen Straßenmodus, den Lärmermodus auf Knopfdruck interessiert niemanden. Der Polizist redet Tacheles: Nach seiner Erfahrung sind die Manipulation beim Lärm „noch eklatanter als beim Diesel“: „Beim Dieselskandal waren die Kunden unwissend, beim extrem lauten Fahrzeugen dagegen wollen Kunden diese Manipulation und die Hersteller tun alles, um diesen Wunsch zu erfüllen.“

Thomas Hohn ist selbst begeisterter Motorradfahrer – aber er beklagt sich durchaus über seine Sportskameraden: „Die meisten Motorradfahrer wollen laute Maschinen – und fahren Sie auch so.“

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3 Responses

  1. Die sehr beliebte Strecke dieser Krachmacher zwischen Wangen (Allgäu) und Kißlegg ist nicht nur zu laut, sondern lebensgefährlich für Radfahrer und Fußgänger, weil auf den kurvigen und unübersichtlichen Abschnitten viel zu schnell (oft weit über 100 kmh) gefahren wird. Selbst Wahl-kreisabgeordnete des Landtags B.W. wie Petra Krebs (Grüne) und Raimund Haser (CDU) kamen zwar zu Anhörungen der Anwohner, bringen aber seit Jahren politisch nichts auf die Reihe in dieser leidigen Angelegenheit. Vielleicht haben sie auch viel wichtigere Dinge abzuarbeiten. Hoffentlich müssen nicht erst Todesfälle beklagt werden, bis von Seiten der Landesregierung Konsequenzen für Geschwindigkeitsbeschränkung und damit Lärmbegrenzung beschlossen werden.

    • Wir kennen Abgeordnete in Baden-Württemberg, die gutwillig sind, aber regelmäßig von ihren Fraktionen mutwillig ausgebremst werden, weil da ein Petrol-Lobbyist drinsitzt.

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