Rigoroser Grenzwert bei 100 dB ohne Bestandsschutz: die franco-kanadische Provinz Quebec macht’s vor.

Während in Deutschland die Politik immer wieder darauf hinweist, dass gegen den Motorradlärm rechtlich nichts zu machen wäre (will heissen: Lärmmachen jenseits der Schmerzgrenze mit einem Motorrad bzw. Poser-Auto ist und bleibt legal, einschliesslich in Wohngebieten) sind andere Länder da schon deutlich weiter. Und das obwohl sie weit weniger dicht besiedelt sind. Im französisch sprechenden Teil Kanadas (Quebec) werden seit einigen Jahren Nägel mit Köpfen gemacht. Dies fing damit an, dass seit 2013 die Polizei mit Geräuschmessern ausgestattet und Teile der Einsatzkräfte speziell für dieses Problem geschult wurden. Darüber hinaus wurde in Zusammenarbeit mit einem Hochschulprofessor (der wohl nicht zur Fahrzeuglobby gehört) ein vereinfachtes Messprotokoll zur Lärmerfassung erstellt. Eine der Kernprinzipien der neuen Vorschrift ist, dass kein Fahrzeug – unabhängig vom Fahrmodus – den immer noch brüllenden Messwert von 100 dB überschreiten darf – und das ganz ohne „Bestandsschutz“.

Na also geht doch !

Die direkte Konsequenz dieser immer noch sehr weitmaschig angelegten Verordnung ist die, dass von ca. 3000 kontrollierten Motorrädern kernige 43% die Grenzwerte überschritten. (Wie war doch der nochmal: „Die weitaus überwiegende Anzahl von Motorradfahrern fährt leise…“ ?) Nach wie vor ist die Strafe für diese Art der Körperverletzung eher bescheiden (umgerechnet 130-200 Euro), aber dennoch wohltuend über deutschen Verhältnissen, wo Vergehen mit lächerlichen 10-20 Euro belegt werden. Das Vorgehen in Quebec führt zu Unmut unter den Bikern die – um den Kontrollen zu entgehen – jetzt vermehrt ins benachbarte Trump-Land einfallen, um eben dort so richtig aufzudrehen. Dass die in den USA fabrizierte Harley dabei an vorderster Front mitlärmt, ist die besondere Ironie der Geschichte. Dies dürfte sogar Lärmgeschädigten (ausserhalb der Einfallsschneisen bzw. den USA) ein von Schadenfreude getriebenes Schmunzeln ins Gesicht treiben. Hier geht’s zum Artikel: Wer der französischen Sprache mächtig ist (und darüber hinaus auch den etwas gewöhnungsbedürftigen Quebec-Akzent versteht) kann sich mit dem in diesem Artikel angegebenen Film direkt ein Bild der Lage machen.

Unser Lieblingssatz des Biker-Sprechers bei der Demonstration: „Unser Protest soll der Bevölkerung zeigen, dass wir allmählich müde werden, ständig belästigt zu werden, wenn wir Spazieren fahren wollen“. In unseren Ohren nur gerecht: Die einen werden belästigt durch Spazieren fahren, die anderen beim Spazieren fahren.

 

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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