Der Spiegel berichtet über die Motorradlärm-Initiative der Bundesländer. Die Hersteller geraten unter Druck. Das muss man sich jetzt mal vorstellen: Der Normwert ECE 41 liegt seit 2016 bei 77 Dezibel und der Sprecher des Industrieverbands Motorrad (IVM), Achim Marten, hält „…die Forderung nach 80 Dezibel in allen Fahrzuständen für unrealistisch.“ Da haben wir wohl was falsch verstanden, als Sie uns 2016 gepredigt haben, dass Motorräder nochmals viel leiser geworden sind?

Diskriminierung ist gegen Minderheiten, mittlerweile lärmt die Mehrheit.
Quelle: Ausriss Spiegel Online

Offensichtlich gibt es aber solche und solche Lobbyisten: „Wir fordern schon länger eine feste Lärmobergrenze, die in allen Fahrsituationen gilt“, sagt Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbands der Motorradfahrer. Nur mit den 80 Dezibel kann auch er sich nicht anfreunden. Auch er scheint den genormten 77-Dezibel-Betrug durchschaut zu haben.

Das perfide Beispiel der Ducati Panigale (bitte hier nachlesen) zeigt, wie blödsinnig die Lärmindustrie von Audi (Ducati), BMW (BMW Motorrad), Porsche (Hans Martin Gerhard – hier geht es zu einem interessanten Beitrag in der Stuttgarter Zeitung) und Co. die Politik an der Nase herumführt. Dieses beispielhafte Motorrad mit rund 200 PS hält den Grenzwert nur rund um 36,6 km/h im dritten Gang ein, wie VAGM-Sprecher Holger Siegel im Spiegel zitiert wird.

Klappenauspuffe: Die Mutter aller Abschaltvorrichtungen

Der Spiegel berichtet weiter über die Auspuffklappensysteme, die fast alle Hersteller seit spätestens Mitte der 2000er Jahre einsetzen: „Das ist die Mutter aller Abschalteinrichtungen“, klagt Siegel und verweist auf den VW-Abgasskandal und die Betrugssoftware in diversen Diesel-Pkw. Dabei erkennt die Motorsteuerung des Wagens einen Abgastest und schaltete in einen Modus, in dem die Abgaswerte eingehalten wurden – auf der Straße lagen die Emissionen dagegen um ein Vielfaches höher.

Siegel bezeichnet die Klappenauspuffe und die Norm „als das grundlegende Problem“: So hätten die Hersteller zu viel Einfluss auf die Gestaltung der Vorschriften: „Bisher gibt die Industrie Empfehlungen ab, die dann in Grenzwerte gegossen werden. Eine Norm hat sich aber nicht danach zu richten, was technisch möglich ist, sondern was aus gesundheitlicher Sicht angebracht ist.“ Der Gesetzgeber solle deshalb eingreifen und Grenzwerte vorschreiben, die die Hersteller dann einhalten müssen.

Hier geht es zum Beitrag von Emil Nefzger im Spiegel.

Hier zu einem Interview mit einem Sounddesigner aus derselben Feder.

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7 Responses

  1. Neuerdingst veröffentlicht Spiegel online schon mal einen Kommentar gegen die Lärmseuche in den Diskussionsforen. Die Reaktionen sind latürnich wie erwartet.

  2. Da muss ich erstmal drüber wegkommen! Erst setzen die härtestmöglichen Lärmschützer von Porsche & Co 77 Dezibel durch, dann zweifen sie daran, dass sch 80 Dezibel technisch hinkriegen lassen. Das Lobbyistenvolk ist sich für keine Volte zu schade, was?

  3. Wow! Der Spiegel berichtet. Die Edelfedern Jochen Vorländer und der sogenannte „Herr Grünweg“ konnten solange vermeiden, das über das Thema berichtet wurde. Und jetzt schreibt der Mobilitätsredakteur (wurde extra ein Ressort eingerichtet, dass nicht nur dem Lärm und Rasen huldigt) den Benzinköpfen mal was ins Poesiealbum. Der Grünweg mit all seinen Facetten und Interessenslagen ist für mich ja eh ein Fall für den Presserat – aber das ist eine andere Geschichte.

  4. Das Sturmgeschütz hat gesprochen. How! Finde das ist ausgewogen berichtet. Und auch etwas entlarvend für den einen oder anderen Lobbyisten…

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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