Hemmungslose Auspuffjubelei im Mainstream-Medium. Foto: Audi Pressefoto/Screenshot von der Süddeutschen Zeitung online

Manchmal fragt man sich, welche Interessen Journalisten vertreten, wenn Sie ungeniert der Lärmbelästigung durch Sportfahrer das Wort reden. Felix Reek schreibt als Freelancer für die Süddeutsche Zeitung eine Lobeshymmne auf den Lärmproduzenten Audi TT RS. Reek, der in seinem SZ-Profil angibt, sein Vater habe ihn „abwechselnd mit Formel-1-Motoren und Jimi Hendrix beschallt“ (was an sich nach einem Literatur- und Filmwissenschaftsstudium ausreichend Qualifikation sein sollte, ein Auto zu testen) steht für eine Gruppe von freischaffenden Journalisten, die ihrem Lärmfetischismus offensichtlich ohne Kontrolle eines Redakteurs in einem Mainstream-Blatt fröhnen darf. Ohne Zweifel: Die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) gibt sich gerne als Speerspitze des investigativen Journalismus. In Anbetracht des üppigen Anzeigenbudgets von Audi geht es der SZ aber offensichtlich eher darum, sich auch einen Teil vom „Lärmkuchen“ abzuschneiden.  Audi (lat. für „Horch!“) wird für seinen neuesten Lärmpöbler  in einem neuen Fotoreport über alle Maße gelobt. Vielleicht war auch nur der erste Test des Wagens im Juli nicht gut genug für die Audi Anzeigenabteilung – damals titelte ein anderer „Auto-Fachmann“: Der Audi TT RS ist schnell, aber kein echter Sportwagen. Da rückt Reek natürlich akustisch einiges zurecht, denn er weiß, was einen echten Sportwagen ausmacht:

„… Unter einem kleinen Spoiler ragen zwei riesige ovale Auspuffrohre heraus, die es mit der Abgasanlage jedes Supersportwagens aufnehmen können. Sie sorgen dafür, dass der Audi TT RS bereits beim ersten Anlassen eine ordentliche Soundkulisse liefert. In der Tiefgarage klingt das ein kleines bisschen nach Formel 1“

„Interessant wird es, sobald man einen unscheinbaren Knopf in der Mittelkonsole drückt. Der öffnet die Auspuffklappen und liefert den Sound, den Sportwagenfahrer erwarten. Der TT RS wird merklich lauter, er grollt dunkel. Wer sich nach einer Weile an die irritierten Blicke auf der Straße gewöhnt hat, geht einen Schritt weiter und wechselt in „Dynamic“, den Sportmodus des Audis. Dann brüllt und heult das Coupé, der Auspuff knallt beim Gasgeben und gibt laut schmatzende Geräusche von sich, wenn die perfekt arbeitende Siebengang-Automatik herunterschaltet. Herrlich.“

Und man kann immer noch einen draufsetzen:

„Wenn allerdings die Scham davor gewichen ist, ein akustisches Ärgernis im Stadtverkehr zu sein, stellt man fest, wie toll der TT RS klingt. Besser sogar als der weitaus teurere R8.“

JAWOLL! TOLLER = LAUTER!

Dieser Fotoreport über den Audi TT RS zeigt, welchen Standpunkt die SZ vertritt: Sie will lieber explizit die Poserszene und ihre Lieferanten in der Industrie befeuern, anstatt die Nerven und die Gesundheit der Allgemeinheit oder zumindest von 13 Millionen Straßenanliegern in Deutschland zu achten, die täglich unnötigem Verkehrslärm ausgesetzt sind. Lärm ist nach diesem Standpunkt ein Kulturgut. Vor allem, wenn das die Meinung eines Werbekunden ist … der „zu Hause“ bereits wegen seines „herrlichen Sounds“ Probleme hat (Hier ein Artikel aus der „Augsburger Allgemeinen“).

Welche Ethik rechtfertigt diese anmaßende Verherrlichung des völlig überflüssigen und für weite Teile der Bevölkerung gesundheitsschädlichen Verkehrslärms? Ein Journalist der SZ schrieb auf einen entsprechenden Leserbrief eines VAGM-Mitglieds bezüglich des Einsatzes von „Active-Sound“ (Außenlautsprecher) bei BMW:
„Dass BMW jetzt sogar einen Lautsprecher installiert, um für den „richtigen“ Sound zu sorgen, klingt grotesk. Wir bleiben bei der SZ auf alle Fälle weiter an diesen Themen dran!“. Ach ja? Der Lautsprecher ist nicht weniger grotesk als die Auspuffklappen des Audi – beides produziert vermeidbaren Lärm. Die Ernsthaftigkeit an diesem Thema dran zu bleiben führt die SZ mit diesem Artikel erfolgreich ad absurdum! Den vollständigen Fotoreport kann man sich hier ansehen.

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Letzte Kommentare
  1. Ladendiebstahl und Unfallflucht sollen auf FDP-Wunsch Ordnungswidrigkeiten werden. Bei der Denkweise werden Rasen und Lärmen eher noch staatlich subventioniert.

  2. In Sachen Umweltschäden werden ja inzwischen weltweit gegen deutsche Unternehmen mit hohen Schadensersatzforderungen gerichtliche Verfahren nah dem Verursacherprinzip geführt. Vielleicht…

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